Entdeckungen in verwirkten Miniaturen
Rundgang durch die Ausstellung der Leutkircher Künstlerin Ilona Amann im Espantor
ISNY - Verspielt, filigran, transparent, humorvoll, nachdenklich, gar trauernd, dann wieder zum Schmunzeln anregend – Attribute, die den Arbeiten zuzuschreiben sind, mit denen die Leutkircher Künstlerin Ilona Amann, Jahrgang 1974, aktuell die Galerie im Espantor ausgestattet hat. Nein – sie schmückt! Jedes Bild der Ausstellung „Verwirkte Wahrheit“, jedes Objekt – oder wie auch immer die Exponate zu bezeichnen wären – ist eine kunstvolle Spielerei mit Assoziationen, Andeutungen, Querverweisen, Erinnerungen. Verwirkt kann heißen: verkrümmt, verzerrt, verfremdet. In Farbe, Papier, Textil.
Ein Spiel auch mit Mahnung: Dies schon im Eingangsraum, den Amann thematisch der „Flucht“widmet. Hier hängt der Steppmantel eines Erwachsenen, abgeschnitten, gekürzt auf Kinderlänge, mit Garn, Stoff arrangiert, verfremdet, ausfransend. „Textil als Schutz und zugleich verletzliches Element“, gibt die Künstlerin dem Betrachter an die Hand, wenn sie durch ihre rundum sehenswerte Ausstellung führt, die – leider nur – bis 18. Juni in Isny verbleibt.
Eine Etage höher: „die weinende Mutter“. Arbeiten einer Serie, die Verletzlichkeit, Leiden, die Beziehung Mutter-Kind motivisch durchziehen. Handwerklich eingearbeitet: „erlösende Elemente“aus farbigem Garn, Stofffetzen, Papier, teils ikonografische, teils „teenagereske“Bildkompositionen.
Ganz oben, im hellsten Raum, die laut Amann „frecheren Arbeiten“: Mit Nadel und Faden und bei jedem Stich mit einem Grinsen durchlöcherte Verpackungen – eine Handyschachtel, Kunststofftöpfchen von Pflanzensetzlingen, Plastikformen, die einst Besteck, Zahnbürsten, Batterien, Tabletten umfassten. Die Künstlerin durchdringt sie, nutzt sie als Projektionsfläche für ihr Gestaltungs- und Verfremdungskönnen, erzeugt neue Ausdruckszentren, verschiebt den Fokus, die Verpackungen zum Passepartout reduzierend.
Durch alle Etagen geht es außerdem „zurück in die Zukunft“, so der Titel einer weiteren Serie: Historische Fotos auf Papierplatten, oft mit kunstvoller Schmuckschrift an den seinerzeitigen Schwarz-Weiß-Fotografen erinnernd, hat Amann nach eigenen Worten „futuristisch überarbeitet“, um „die Zeit in Frage zu stellen“. Der Betrachter fragt: Warum? Die Antworten dürften variieren wie die kunstfertigen Miniaturen.
Sie habe sich das Espantor vor der Ausstellung angeguckt, erzählt Ilona Amann, ein Konzept erdacht, ihre Arbeiten morgens um 11 Uhr angeliefert, und nachmittags um halb vier sei die Hälfte schon dort gehangen, wo sie nun zu sehen sind. „Es lief mir von der Hand“, schwärmt die Künstlerin. Den Besucher streift diese Leichtigkeit immer wieder angesichts der Gesamtkonzeption und jeder einzelnen Komposition.
Öffnungszeiten der Städtischen Galerie im Turm (Espantor): Mittwoch bis Samstag, 15 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr.