Keine Spielidee
Schalkes Trainer Markus Weinzierl muss gehen, Junior Domenico Tedesco (31) kommt
GELSENKIRCHEN (SID/dpa/sz) - Nach nur einem Jahr ist für Markus Weinzierl auf Schalke überraschend Schluss, die Fußballlehrer geben sich bei den Königsblauen weiter die Klinke in die Hand. Am Freitagnachmittag bestätigte der Klub die Beurlaubung des 42-Jährigen. Nachfolger wird der jüngste Chefcoach der Vereinsgeschichte: der 31-jährige Domenico Tedesco von Zweitligist Erzgebirge Aue.
„Wir haben die gesamte Saison auf den Prüfstand gestellt, um die Basis für eine möglichst erfolgreiche kommende Saison zu legen“, sagte Sportvorstand Christian Heidel: „Das Ergebnis ist, dass wir Veränderungen vornehmen müssen, um die von uns gewollte Entwicklung vorantreiben zu können. Dies beinhaltet auch eine Neubesetzung des ChefTrainers. Diese Entscheidung ist mir dennoch nicht leicht gefallen.“
Tedesco, beboren in Rossano/Italien, erhält nun einen Zweijahresvertrag, er erinnert an Shooting-Star Julian Nagelsmann von 1899 Hoffenheim - oder an Thomas Tuchel, den Heidel 2009 in Mainz zum Bundesliga-Trainer machte.
Bei Weinzierl hatte der neue Schalker Manager ein „klares Konzept“vermisst. Nach der enttäuschenden Saison mit Platz zehn traute Heidel seinem einstigen Favoriten die Aufgabe nicht mehr zu. Er ist der vierte Trainer in drei Jahren, der gehen muss.
Eigentlich hatte Heidel mit seinem Wunschtrainer die ständigen Trainerwechsel auf Schalke beenden und für Kontinuität sorgen wollen. Weinzierl, für vier Millionen Euro aus Augsburg verpflichtet, hatte bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr noch gescherzt, er habe bei seiner Wohnungssuche schon eine Absage bekommen, „die wollten einen langfristigen Mieter“. Das Lachen ist dem Niederbayern vergangen. Die Saison auf Schalke war eine einzige Enttäuschung: Nach dem schlechtesten Saisonstart der Klubgeschichte mit fünf Pleiten und einem kurzen Zwischenhoch verpassten die Königsblauen erstmals seit sieben Jahren den Europacup. Heidel vermisste eine klare Spielidee, rückte immer mehr von Weinzierl ab und kritisierte ihn nach Saisonende harsch. „Die Entwicklung hat überall stattgefunden, nur nicht auf dem Spielfeld“, hatte Heidel gesagt und eine knallharte Analyse mit Weinzierl angekündigt. Der wiederum hatte Wochen zuvor indirekt Heidels Einkaufspolitik kritisiert mit den Worten, Schalke sei nicht Mainz und habe andere Ambitionen. Allerdings sah es zunächst so aus, als wollte Heidel weiter mit Weinzierl arbeiten. Er flog nach Florida in den Urlaub und verfolgte aus der Ferne, wie die Zweifel am Coach immer größer wurden. Jung-Nationalspieler Max Meyer beklagte sich öffentlich über Weinzierls fehlende Unterstützung. 12,5-Millionen-Einkauf Jewgeni Konopljanka nannte den Trainer gar einen „Feigling“. Der Ukrainer erhalte eine saftige Geldstrafe, sagte Heidel. Weinzierl, der noch einen Vertrag bis 2019 hatte, muss dagegen gehen.
Jung und innovativ
Tedesco, Ex-Jugendtrainer des VfB Stuttgart (2015 verwehrte ihm der damalige Sportdirektor Robin Dutt den Aufstieg zum damaligen Drittligateam) und von 1899 Hoffenheim, hatte Aue in fast aussichtsloser Lage übernommen und auf Rang 14 geführt – mit 1,82 Punkten im Schnitt pro Spiel.
Tedesco gilt als großes Trainer-Talent. Die Ausbildung zum Fußballlehrer schloss er als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 ab noch vor Hoffenheims Julian Nagelsmann, allerdings relativierte er das: „Die beste Note ist nicht immer der beste Trainer“, sagt Tedesco, der selbst nur in der Kreisliga A spielte – für den ASV Aichwald vor den Toren Stuttgart. In Aue hatte er einen Vertrag bis 2018, für 700 000 Euro Ablöse ließ man ihn offenbar ziehen.
„Domenico Tedesco verfügt zwar noch nicht über viel Erfahrung im Profibereich, aber er hat uns in den Gesprächen überzeugt, wie er die sportliche Zukunft auf Schalke mitgestalten will. Wie viele andere Vereine setzen wir auf einen ebenso besonders jungen wie auch besonders innovativen Trainer“, sagte Heidel.