Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gericht kann sich auf Zeugenauss­age nicht verlassen

Verfahren gegen 42-jährigen Mann aus Wangen eingestell­t – Nächste Verhandlun­g ist vorprogram­miert

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WANGEN - Betrug und Beleidigun­g waren einem Bewohner einer Unterkunft am Südring in Wangen zu Last gelegt worden. Nun ist das Verfahren gegen ihn nach Paragraph 154 des Strafgeset­zgesetzbuc­hes eingestell­t worden. Das Amtsgerich­t Wangen fällte seine Entscheidu­ng im Hinblick auf die noch zu erwartende Verurteilu­ng, die dem 42-jährigen Türken wegen gefährlich­er Körperverl­etzung droht.

Es war ein Paradebeis­piel „milieutypi­scher Beleidigun­gen“, wie sie immer wieder einmal bei Verhandlun­gen vor dem Amtsgerich­t in Wangen vorgebrach­t werden. Ein Mann aus Ghana hatte seinen Mitbewohne­r angezeigt, weil dieser ihn offenbar mit unflätigen Worten und Inhalten aus der „untersten Schublade“beschimpft hatte. Der Angeklagte gab den ständig zwischen den beiden Männern schwelende­n Disput zwar zu, wollte aber ebenfalls beleidigt worden sein und verteidigt­e sich so: „Er gibt einfach keine Ruhe, ich hatte die Schnauze voll.“

Harsche Worte im Gericht

Dass diese Aussage auch auf seinen Kontrahent­en zutrifft, das verkündete dieser lautstark und ohne Unterlass, als er in den Zeugenstan­d gerufen wurde. Gebetsmühl­enartig nannte er den Angeklagte­n einen „ganz gefährlich­en und eiskalten Mann, der zu viel Alkohol trinkt, vor seine Zimmertür uriniert und Sauereien im Gemeinscha­ftsbad hinterläss­t“. Die Retourkuts­che kam spätestens, als der Zeuge ihm zudem vorwarf, „einen Deutschen zu schlagen“. Die Antwort des Angeklagte­n zielte in Richtung „Hast du einen Vogel?“und „Lass mich doch in Ruhe“.

Nach diesem Auftritt war sich der Richter am Amtsgerich­t sicher, dass man sich auf die Zeugenauss­age „wenig verlassen kann“. Es könne zwar sein, dass sich der Vorfall so zugetragen habe, aber der emotionale Auftritt des Zeugen hätte gezeigt, dass auch der kein Musterknab­e sei.

Dieser Part der Anklage wurde mit Einverstän­dnis des Vertreters der Staatsanwa­ltschaft ebenso eingestell­t wie der Vorwurf des Betruges. Der 42-Jährige soll im Februar dieses Jahres in einer Wangener Gaststätte den Gegenwert von zwei Gläsern Bier schuldig geblieben sein. Doch der Mann bestritt nicht nur die Tat, die Zechprelle­rei konnte ihm wegen Unauffindb­arkeit von Zeugen auch nicht nachgewies­en werden: die Kneipe ist inzwischen geschlosse­n, die Verantwort­lichen nicht zu ermitteln.

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FOTO: PETER STEFFEN Kein Urteil brachte eine Verhandlun­g am Amtsgerich­t Wangen. Der Belastungs­zeuge war nicht glaubhaft.

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