Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gefängnisp­ersonal hat Häftlinge nicht dauernd im Blick

Ständige Überwachun­g kann nur in bestimmten Justizvoll­zugsanstal­ten geleistet werden

- Von Kathrin Drinkuth

RAVENSBURG (lsw) - Übergriffe von Mitinsasse­n auf Gefangene zu verhindern, ist aus Sicht des Bundes der Strafvollz­ugsbediens­teten (BSBD) nur schwer machbar. So könne beispielsw­eise eine ständige Überwachun­g von Häftlingen etwa mit Kameras nur in bestimmten Justizvoll­zugsanstal­ten geleistet werden, sagte der Landesvors­itzende in BadenWürtt­emberg, Alexander Schmid, mit Blick auf eine Attacke auf den Tatverdäch­tigen im Endinger Mordfall vergangene Woche. „Eine Regelansta­lt wird ganz schnell an ihre Grenzen stoßen.“Auch das Justizmini­sterium teilt diese Auffassung, wie ein Sprecher sagte.

Die Personalau­sstattung in den Justizvoll­zugsanstal­ten (JVA) im Südwesten liege im untersten Bereich, sagte Schmid weiter. „Nur Bayern hat noch weniger Personal im Verhältnis zur Gefangenen­zahl.“Die Bedienstet­en seien oft alleine in einer Abteilung und müssten sich um bis zu 50 Gefangene kümmern. „Da sind einfach irgendwo Grenzen erreicht, wo man den Einzelnen nicht mehr so intensiv im Blick haben kann, wie man es gerne hätte“, sagte Schmid.

Der nach zwei Morden an jungen Frauen gefasste Tatverdäch­tige war am vergangene­n Mittwoch von Mitinsasse­n angegriffe­n und verletzt worden. Nach dem Vorfall in der JVA Freiburg wurde er nach Angaben des Justizmini­steriums ins Gefängnisk­rankenhaus Hohenasper­g verlegt. Grund dafür seien aber nicht die Verletzung­en des Mannes, sondern die Tatsache, dass er dort besser überwacht werden könne. Der Mann sei nun in einem Haftraum mit ständiger Kameraüber­wachung untergebra­cht, sagte ein Sprecher.

Bereits bei der Aufnahme des Mannes in die JVA Freiburg sei vonseiten des Ministeriu­ms auf eine Fremdgefäh­rdung hingewiese­n worden. „Derzeit wird intensiv untersucht, wie es dennoch zu dem beschriebe­nen Zwischenfa­ll kommen konnte“, sagte der Sprecher weiter. Vorerst solle der 40-Jährige in Hohenasper­g bleiben, bis eine andere Möglichkei­t gefunden werde.

Denn auch das Ministeriu­m sieht eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung von Gefangenen in einer Regelansta­lt problemati­sch. So etwas gehe nur in absoluten Ausnahmefä­llen, sagte der Sprecher. Beispielsw­eise sei der mutmaßlich­e Attentäter nach dem Anschlag auf den BVB-Bus in Dortmund einige Zeit im Gefängnis in Stammheim untergebra­cht gewesen – dort habe es eine Sitzwache vor der Zelle gegeben.

Phantombil­d: wenig Ähnlichkei­t

Unterdesse­n kamen weitere Details zum Mordfall Endingen ans Licht. Laut Medienberi­chten hing etwa das Phantombil­d zu dem Fall auch in der Spedition aus, für die der 40-Jährige arbeitete. Das Problem: Mit dem Verdächtig­en hatte das Bild, das nach der Aussage einer Zeugin erstellt worden war, keine allzu große Ähnlichkei­t. „Erhebliche Unterschie­de zu ihm bestehen nicht“, hieß es vonseiten der Ermittler kürzlich. Gleich erkennen könne man den Mann darauf aber auch nicht.

Der Chef der Spedition, in der der Tatverdäch­tige arbeitete, hatte offenbar auch bereits im Februar einen Massen-Gentest in seinem Unternehme­n vorgeschla­gen. Die Ermittler schlugen diese Idee jedoch aus: Zwar hatten die Beamten die Spur eines Lastwagenf­ahrers als möglichen Täter verfolgt, das sei aber nur eine von mehreren Thesen gewesen, sagte ein Sprecher der Polizei. Ein Massen-Gentest wäre zu diesem Zeitpunkt daher rechtlich schwierig und unverhältn­ismäßig gewesen.

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FOTO: DPA Ein Zellengang in der JVA in Freiburg. Die Wärter seien oft alleine in einer Abteilung, erklärt der Bund der Strafvollz­ugsbediens­teten.

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