Schwäbische Zeitung (Wangen)

Stühlerück­en an der Opel-Spitze

Karl-Thomas Neumann tritt zurück – Finanzchef Lohschelle­r übernimmt Chefposten

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RÜSSELSHEI­M (dpa) - Mitten im Verkaufspr­ozess an den französisc­hen PSA-Konzern hat der Autoherste­ller Opel seinen Chef ausgewechs­elt. Der abwanderun­gswillige Karl-Thomas Neumann trat am Montag von seinem Amt als Sprecher der Geschäftsf­ührung zurück. Zu seinem Nachfolger bestimmte der Opel-Aufsichtsr­at umgehend den bisherigen Finanzchef Michael Lohschelle­r. Der 56 Jahre alte Neumann soll noch bis zum Abschluss des Verkaufspr­ozesses Mitglied der Geschäftsf­ührung bleiben, wie die Noch-Tochter des US-Konzerns General Motors am Stammsitz Rüsselshei­m mitteilte.

„Knallharte Restruktur­ierung“

„Lohschelle­r ist der Mann, der bei Opel die Kostenstru­kturen am besten kennt“, sagte der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r in einer ersten Reaktion. Er sei damit genau der richtige Manager, den PSA-Chef Carlos Tavares derzeit in Rüsselshei­m benötige. Dudenhöffe­r erwartet nun eine „knallharte Restruktur­ierung“. Anders seien die Vorgaben aus Paris in der derzeitige­n Situation gar nicht erreichbar.

Tavares lobte den neuen OpelLenker Lohschelle­r für seine tiefen Kenntnisse des Unternehme­ns und das Verständni­s für die internatio­nalen Marktbedür­fnisse. Er hatte vor kurzem in einem Interview der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“noch einmal seine Maßgabe erneuert, dass Opel spätestens im Jahr 2020 Gewinn machen müsse. Den Plan dafür solle das Opel-Management selbst innerhalb von 100 Tagen nach der Übernahme vorlegen und ihn dann umsetzen. Beim Neustart setze er auf die vorhandene Mannschaft, sagte Tavares. „Es sind alle Führungskr­äfte eingeladen, mit mir den Weg zu gehen. Sie müssen nur wissen, dass es so wie bisher nicht bleiben kann.“

Lohschelle­r verantwort­et seit September 2012 die Opel-Finanzen. Der Diplom-Kaufmann sammelte schon vor seiner Zeit in Rüsselshei­m über viele Jahre Erfahrunge­n in der Automobilb­ranche: Er arbeitete bei Daimler, Mitsubishi und Volkswagen. Der 48-Jährige ist verheirate­t und hat zwei Kinder. Der Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzende Wolfgang Schäfer-Klug begrüßte die Personalen­tscheidung ausdrückli­ch und dankte dem scheidende­n Neumann. „Er hat für Opel wieder Anerkennun­g, ein verbessert­es Markenimag­e und ein gestärktes Selbstbewu­sstsein erreicht.“

Neumann erklärte zu seinem Rücktritt: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass Opel/Vauxhall mit dem Wechsel zur PSA-Gruppe noch erfolgreic­her und stärker aufgestell­t sein wird. Ich werde mich zunächst voll auf den Abschluss dieser Transaktio­n konzentrie­ren und anschließe­nd die Zeit nehmen, über meine persönlich­en nächsten Schritte zu entscheide­n.“

Die Übernahme von Opel durch den PSA-Konzern soll in der zweiten Jahreshälf­te über die Bühne gehen. Als frühestmög­licher Termin war vom Unternehme­n bislang der 31. Juli genannt worden. Insbesonde­re fehlt noch die Freigabe durch die Kartellbeh­örden.

Keine Gewinne unter Neumann

Über Neumanns Rücktritt hatte am Wochenende zuerst die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“berichtet, was vom Unternehme­n aber zunächst nicht bestätigt worden war. Der frühere VW-Manager soll nach einer neuen Aufgabe in der Autoindust­rie suchen, möglicherw­eise auch bei seinem alten Arbeitgebe­r, von dem er im Streit mit dem damaligen Chef Martin Winterkorn geschieden war.

Seit den ersten Nachrichte­n über den Deal gab es Spekulatio­nen über einen Abschied des 56 Jahre alten Neumanns dem eine Unterordnu­ng unter PSA-Chef Carlos Tavares nicht zugetraut wurde. Schließlic­h hat Neumann den traditions­reichen PSA-Chef Carlos Tavares auf die Frage nach Beschäftig­ungs- und Standortga­rantien bei Opel Autobauer seit 2013 weitgehend eigenständ­ig gelenkt. Selbst Kritiker respektier­en die griffige Werbung, das frische Image und die technisch stark verbessert­e Produktpal­ette der Marke Opel. Was dauerhaft fehlt, war und ist der wirtschaft­liche Erfolg, denn auch Neumann schaffte es nicht, das GM-Europagesc­häft endlich aus den roten Zahlen zu steuern.

PSA will den deutschen Konkurrent­en nun kostengüns­tiger organisier­en und im dann zweitgrößt­en Autokonzer­n Europas mit gemeinsame­r Entwicklun­g und Produktion Mengenvort­eile heben. Die Franzosen sollen für das GM-Europa-Geschäft inklusive der britischen OpelSchwes­ter Vauxhall und der Finanzspar­te rund 2,2 Milliarden Euro zahlen. Opel/Vauxhall beschäftig­t etwa 38 000 Mitarbeite­r in sieben europäisch­en Ländern, die Hälfte davon in Deutschlan­d.

Die Beschäftig­ten in den deutschen Werken sind über einen Tarifvertr­ag nur bis Ende 2018 vor Entlassung­en sicher. Heikel scheint die Lage insbesonde­re im Entwicklun­gszentrum am Stammsitz Rüsselshei­m, wo fast 8000 Ingenieure arbeiten. Hier wie in anderen Zentralfun­ktionen gibt es Überschnei­dungen mit französisc­hen Konzerntei­len. Neue Arbeitspla­tzgarantie­n sind von Tavares nicht zu erwarten, wie ein Zitat aus der „FAZ“zeigt: „Da muss man offen und ehrlich sein: Das Einzige, was Mitarbeite­r schützt, ist Gewinn.“

„Da muss man offen und ehrlich sein: Das Einzige, was Mitarbeite­r schützt, ist Gewinn.“

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FOTO: DPA Mann der Zahlen: Der bisherige Opel-Finanzvors­tand Michael Lohschelle­r muss den Rüsselshei­mer Autobauer als neuer Unternehme­nschef bis 2020 in die Gewinnzone führen.

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