Automatisierung kostet Fachkräfte die Jobs
Deutscher Arbeitsmarkt laut OECD-Studie stark – Probleme bei mittlerer Qualifikation
BERLIN - Die Arbeitsmärkte im gesamten OECD-Raum erholen sich, Aufschwung und Rekordbeschäftigung prägen auch den deutschen Arbeitsmarkt. „Glückwunsch, Deutschland“, sagt OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung des neuen OECD-Berichts in Berlin. Doch es ist nicht alles positiv. Bedrohlich ist die Entwicklung, dass der Anteil der Beschäftigten mit mittlerer Qualifikation sinkt, während die Zahl niedrig Qualifizierter und Hochqualifizierter ansteigt.
Deutschland schneidet bei Beschäftigung, Einkommen, Wohlbefinden und Inklusion indes besser ab als der Schnitt der OECD-Staaten. Die Beschäftigung verlagert sich aber zunehmend vom verarbeitenden Gewerbe hin zu Dienstleistungen. Fachkräfte aus der Industrie finden nach einem Jobverlust oft nur schlechter bezahlte Beschäftigung im Dienstleistungssektor, heißt es im OECD-Bericht. Grund sei die fortschreitende Automatisierung. Um rund 8,2 Prozent ist die Zahl der Jobs mit mittlerer Qualifikation seit 1995 zurückgegangen. Die Technologisierung brächte Chancen und Risiken, sagte Gurría. Um dieser Entwicklung zu begegnen, sollten Regierungen Weiterbildung und Umschulung unterstützen und schulische Lehrpläne mehr an den Anforderungen des Arbeitsmarkts orientieren.
Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schlug deshalb für jeden Arbeitnehmer ein persönliches Erwerbstätigenkonto mit 20 000 Euro Guthaben vor, das Einkommensausfälle bei Qualifizierung, Existenzgründung oder Ehrenamt kompensieren könnte. „Wir sind bei dieser Idee am Anfang“, erklärte Nahles in Berlin. Ihr Staatssekretär Thorben Albrecht hatte zur finanzierung Mittel aus der Erbschaftsteuer ins Spiel gebracht. Schwachpunkte des deutschen Arbeitsmarkts sieht die OECD in der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, die vor allem durch Teilzeitarbeit von Frauen bedingt ist. Nahles bedauerte bei der Pressekonferenz, dass ihr geplantes Gesetz zu einem Rückkehrrecht von Teilzeit zu Vollzeit nicht durchgekommen ist. Gurría empfahl ihr, es erneut zu versuchen. Deutsche Arbeitnehmer sind zudem wesentlich stressgeplagter als andernorts.