Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit Skibrille zum Kindheitst­raum

Kevin Durant hatte seiner Mutter den NBA-Titel schon als Achtjährig­er versproche­n

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OAKLAND (dpa/SID) - Mama Wanda war auf das Spielfeld gestürmt. „Du hast es geschafft, schau mich an, du hast es geschafft“, rief sie und zog Kevin Durant immer wieder am Kinnbart. Nach Jahren des Scheiterns, mal klar, mal knapp, hat der Superstar nun seinen ersten NBA-Titel geholt. Der Wechsel zu den Golden State Warriors war der richtige Schritt, spätestens jetzt gibt es daran keinen Zweifel mehr. Durant, 28, hat es spät ins Ziel geschafft. Die vielen vergeblich­en Anläufe haben allerdings Spuren hinterlass­en, vor dem letztlich entscheide­nden fünften Spiel der Finalserie gegen die Cleveland Cavaliers war der viermalige Topscorer der Liga ein seelisches Wrack.

„Ich konnte zwei Tage nicht schlafen. Ich war ängstlich, ich war nervös“, sagte Durant nach dem 129:120 in eigener Halle in Oakland (Kalifornie­n), das den 4:1-Erfolg in der bestof-seven-Serie besiegelte. „Wir waren heute wirklich gut“, fügte er an, doch es sei schwierig gewesen: „Man muss den Hut vor Cleveland ziehen.“

Bei den Cavaliers, Gegner in den vergangene­n drei Finals, war der Respekt genauso groß. LeBron James, der trotz seiner überragend­en 41 Punkte als Verlierer vom Feld ging, kam als erster Gratulant. Der Star des Titelverte­idigers umarmte Durant bei aller eigenen Enttäuschu­ng herzlich und wusste nur zu genau um dessen Gefühlswel­t. „Die erste Meistersch­aft zu gewinnen, war für mich wie die Geburt des ersten Sohnes“, sagte James. der 32-Jährige stand zum siebten Mal nacheinand­er im Finale, zum achten Mal insgesamt. Es bleibt vorerst bei drei Titeln.

Im Duell der beiden mit Abstand besten NBA-Teams, die vollkommen problemlos durch die Play-offs marschiert waren, stand James zu oft auf verlorenem Posten. Auch am Montag zeigte der 32-Jährige mit 41 Punkten, 13 Rebounds sowie acht Assists eine überragend­e Leistung und beendete das NBA-Finale als erster Spieler mit einem Triple-Double im Schnitt (33,6 P/12,0 R/10,0 A). Es war nicht genug.

Und so wurde diesmal Durant gefeiert. Umtost von heftiger Kritik hatte dieser vor Saisonbegi­nn die Oklahoma City Thunder verlassen, mit denen er 2012 das NBA-Finale gegen James und die Miami Heat verloren hatte, um mit den schon glänzend besetzten Golden State Warriors den ersehnten Titel zu gewinnen. Beseelt von diesem Wunsch lief der Olympiasie­ger in der Endspielse­rie zur Bestform auf und war am Ende der entscheide­nde Faktor für den zweiten Triumph des Teams aus Oakland binnen drei Jahren.

„Ich habe ihm gesagt: Jetzt sind wir quitt“, meinte Durant und musste husten. „Sorry, ich habe zu viel Champagner getrunken“, so der Mann des Tages, mit 39 Punkten bester Werfer seines Teams. An seiner Seite überzeugte auch Stephen Curry, bislang Gesicht der Warriors, mit 34 Punkten und 10 Assists. „Wir haben aus allem gelernt, das wir durchgemac­ht haben“, sagte Curry anschließe­nd beseelt im Konfettire­gen.

Brille zum Schutz

Durant, achtmal NBA-Allstar, zweimal Olympiasie­ger, einmal Weltmeiste­r, hat endlich die wichtigste Trophäe in der Hand. Natürlich wurde er als wertvollst­er Spieler (MVP) der Finals ausgezeich­net, und natürlich genoss er es, mit Strömen von Alkohol übergossen zu werden. „Ich wollte den Titel so sehr. Ich wollte die Champagner­dusche“, sagte Durant, der zum Schutz gegen die Partybraus­e eine Skibrille trug – das ist im US-Sport neuerdings so üblich.

„Ich freue mich einfach für ihn. Er hatte schon eine tolle Karriere, jetzt hat er sie auf die nächste Stufe gehoben“, sagte Warriors-Trainer Steve Kerr. Angesichts der Dominanz seines Teams, das nur eines von 17 Playoff-Spielen in dieser Saison verlor. Angesichts dessen und der Stärke von LeBron James' Cavaliers erwarten die Wettbüros in Las Vegas schon jetzt für 2018 die vierte Final-Auflage mit beiden Teams. „Ich bin bereit, es wieder zu tun“, sagte Warriors-Star Curry schon nach der Pokalüberg­abe

Durant freute sich derweil im Moment des größten Triumphes am meisten für seine Mutter. „Sie hat gesehen, wie ich als Kind an mir gearbeitet habe. Sie hat gesehen, wie ich nach Niederlage­n nach Hause gekommen bin, wie mich das mitgenomme­n hat“, so der Champion. Die Botschaft an die Mama war einfach: „Wir haben es geschafft. Das habe ich dir prophezeit, als ich acht Jahre alt war.“

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FOTOS: IMAGO, DPA Erst die Freude, dann die Trophäe: Stephen Curry (li.) und Kevin Durant sind auf dem Gipfel.
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Gigantendu­ell: Hier punktet Clevelands LeBron James (li.) gegen Durant.

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