Löw blickt hinter die Kulissen
Russlands Probleme sind vor der WM offensichtlich
KÖLN (SID) - Ein Jahr vor dem Eröffnungsspiel der WM in Russland am 14. Juni 2018 in Moskau liegen weiter dunkle Schatten über dem gigantischen Prestigeobjekt im Reich von Wladimir Putin. Menschenrechte, Sklavenarbeit, Hooligans, Terror, Rassismus, Korruption, Kosten – die Liste der Probleme ist lang und gravierend. Der Kreml kann der auch gesamtgesellschaftlich angespannten Situation weiter nur durch Repressionen Herr werden. Die jüngste Verhaftungswelle nach Anti-Korruptions-Protesten von Zehntausenden in Moskau, St. Petersburg und mehreren Hundert anderen Städten des Landes kurz vor Beginn des Confed Cups am Samstag bestätigte nur einmal mehr die Kritiker.
Bundestrainer Joachim Löw, ohnehin kein großer Freund des Confed Cups, sieht die Reise nach Russland zur WM-Generalprobe auch als „willkommene Gelegenheit, um einfach noch mehr Erfahrung zu sammeln, das Land und die Menschen besser kennenzulernen.“Es sei wichtig, „auch hinter die Kulissen“des Gastgeberlandes zu blicken. „Klar ist, dass wir nicht mit Scheuklappen durch andere Länder reisen. Die Umstände dort interessieren uns immer“, sagte Löw. Das WM-Stammquartier für 2018 will er deshalb auch erst nach den aktuellen Turniereindrücken benennen.
Und doch: Wenn am Samstag das Turnier losgeht, wird auch für Löw und seine Spieler vor allem der Sport im Vordergrund stehen. Kaum, dass der Abflug bevorsteht, gestern traf sich die Nationalmannschaft in Frankfurt, am Donnerstag geht es nach Russland, meldet sich auch der Ehrgeiz. „Das Turnier ist für jeden von uns wichtig“, sagte Verteidiger Niklas Süle, der im Sommer von Hoffenheim nach München umziehen wird. Pflicht. „Wenn du als Weltmeister zum Confed Cup fährst, ist es immer ein Ziel, Titel zu gewinnen“, sagte Mittelfeldspieler Emre Can. Dass er nicht mit mehr vermeintlichen Stammkräften testet, ist für Löw trotz aller Kritik normal: „Ich kann natürlich eine gewisse Enttäuschung bei manchen verstehen. Doch die Fans wollen gerade bei uns diese Topspieler noch ein paar Jahre auf gutem Niveau sehen. Und sie wollen nicht sehen, dass sie verletzt sind.“