Schwäbische Zeitung (Wangen)

Behörden melden häufiger Heimatreis­en von Flüchtling­en

Bei den deutschen Ämtern mangelt es noch immer an klaren Regeln

- Von Catherine Simon und Anne-Béatrice Clasmann

NÜRNBERG (dpa) - Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) erfährt inzwischen öfter von Reisen von Flüchtling­en in ihre Herkunftsl­änder. Andere Stellen wie die Bundespoli­zei, die Ausländerb­ehörden oder die Bundesagen­tur für Arbeit seien für das Thema stärker sensibilis­iert, sagte eine Bamf-Sprecherin. Außerdem gebe es mittlerwei­le einen „funktionie­renden Kommunikat­ionsweg“zwischen den Behörden. „Die meisten Mitteilung­en erfolgen seitens der Bundespoli­zei im Bundesgebi­et, aber auch aus dem Ausland.“Die Zahl solcher Reisen können weder das Bamf noch die Bundespoli­zei beziffern. „Das Phänomen ist jedoch nicht nur vereinzelt bekannt“, teilte ein Sprecher der Bundespoli­zei mit.

Eine Reise in das Land, aus dem die Menschen aus Angst geflohen sind, führt nicht automatisc­h zur Aberkennun­g ihres Schutzstat­us’. Es ist – wie vieles im Asylverfah­ren – vom Einzelfall abhängig. Laut Bamf gibt es aber nach wie vor für Heimatreis­en anerkannte­r Flüchtling­e kein gesetzlich geregeltes Verfahren.

Wer hierzuland­e einen Schutzstat­us wie Asyl oder subsidiäre­n Schutz bekommen hat oder als Flüchtling anerkannt wurde, darf grundsätzl­ich Auslandsre­isen unternehme­n. Aufgrund von EU-Regeln erlischt der Schutz für anerkannte Flüchtling­e in Deutschlan­d auch nicht automatisc­h, wenn sie freiwillig in das Land reisen, aus dem sie aus Furcht vor Verfolgung geflohen sind. Für einen vorübergeh­enden Aufenthalt dort gibt es nämlich laut Bamf durchaus nachvollzi­ehbare Gründe – etwa eine schwere Erkrankung eines nahen Angehörige­n.

Im Herbst 2016 erfuhren Berliner Arbeitsage­nturen von einigen anerkannte­n Asylberech­tigten, die besuchswei­se ins Herkunftsl­and zurückgeke­hrt waren. Die Arbeitsage­nturen sind beteiligt, weil Asylberech­tigte Hartz-IV-Leistungen beziehen. Erfuhr früher ein Betreuer zufällig von einer Reise nach Syrien, wurde das Bamf aufgrund verschiede­ner Vorschrift­en – etwa beim Datenschut­z – nicht immer informiert. Nun soll es dazu „Änderungen in unseren fachlichen Weisungen geben, die genau definieren, in welchen Fällen die Bundesagen­tur für Arbeit die Ausländerb­ehörden informiere­n wird“, sagte eine Sprecherin.

Aufenthalt­sgestattun­g erlischt

„Der häufigste Grund ist, dass jemand schauen will, ob sein Haus, seine Werkstatt oder sein Geschäft noch existiert“, sagt Usahma Felix Darrah vom Büro der opposition­ellen syrischen Nationalen Koalition in Berlin. Wer sich in die vom Regime kontrollie­rten Gebiete wagen könne, wähle für eine solche Erkundungs­reise meist den Weg über Beirut. Karim al-Wasiti vom Flüchtling­srat Niedersach­sen erklärt, es könne auch vorkommen, dass ein Iraker, der an seinem Herkunftso­rt gefährdet sei, nach Jahren der Abwesenhei­t in das sicherere Kurdengebi­et reise, um dort Verwandte zu treffen.

Menschen, deren Asylverfah­ren in Deutschlan­d noch läuft, können laut Bamf zwar jederzeit ausreisen. Wenn sie in ihr Herkunftsl­and zurückkehr­en, erlischt allerdings ihre Aufenthalt­sgestattun­g in Deutschlan­d, die sie während ihres Asylverfah­rens haben. Auch ihr Antrag als Asylbewerb­er gilt damit als zurückgeno­mmen.

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FOTO: DPA Ein Flüchtling aus Afghanista­n (li.) verlässt das Flüchtling­swohnheim in Berlin-Hellersdor­f.

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