Behörden melden häufiger Heimatreisen von Flüchtlingen
Bei den deutschen Ämtern mangelt es noch immer an klaren Regeln
NÜRNBERG (dpa) - Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erfährt inzwischen öfter von Reisen von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer. Andere Stellen wie die Bundespolizei, die Ausländerbehörden oder die Bundesagentur für Arbeit seien für das Thema stärker sensibilisiert, sagte eine Bamf-Sprecherin. Außerdem gebe es mittlerweile einen „funktionierenden Kommunikationsweg“zwischen den Behörden. „Die meisten Mitteilungen erfolgen seitens der Bundespolizei im Bundesgebiet, aber auch aus dem Ausland.“Die Zahl solcher Reisen können weder das Bamf noch die Bundespolizei beziffern. „Das Phänomen ist jedoch nicht nur vereinzelt bekannt“, teilte ein Sprecher der Bundespolizei mit.
Eine Reise in das Land, aus dem die Menschen aus Angst geflohen sind, führt nicht automatisch zur Aberkennung ihres Schutzstatus’. Es ist – wie vieles im Asylverfahren – vom Einzelfall abhängig. Laut Bamf gibt es aber nach wie vor für Heimatreisen anerkannter Flüchtlinge kein gesetzlich geregeltes Verfahren.
Wer hierzulande einen Schutzstatus wie Asyl oder subsidiären Schutz bekommen hat oder als Flüchtling anerkannt wurde, darf grundsätzlich Auslandsreisen unternehmen. Aufgrund von EU-Regeln erlischt der Schutz für anerkannte Flüchtlinge in Deutschland auch nicht automatisch, wenn sie freiwillig in das Land reisen, aus dem sie aus Furcht vor Verfolgung geflohen sind. Für einen vorübergehenden Aufenthalt dort gibt es nämlich laut Bamf durchaus nachvollziehbare Gründe – etwa eine schwere Erkrankung eines nahen Angehörigen.
Im Herbst 2016 erfuhren Berliner Arbeitsagenturen von einigen anerkannten Asylberechtigten, die besuchsweise ins Herkunftsland zurückgekehrt waren. Die Arbeitsagenturen sind beteiligt, weil Asylberechtigte Hartz-IV-Leistungen beziehen. Erfuhr früher ein Betreuer zufällig von einer Reise nach Syrien, wurde das Bamf aufgrund verschiedener Vorschriften – etwa beim Datenschutz – nicht immer informiert. Nun soll es dazu „Änderungen in unseren fachlichen Weisungen geben, die genau definieren, in welchen Fällen die Bundesagentur für Arbeit die Ausländerbehörden informieren wird“, sagte eine Sprecherin.
Aufenthaltsgestattung erlischt
„Der häufigste Grund ist, dass jemand schauen will, ob sein Haus, seine Werkstatt oder sein Geschäft noch existiert“, sagt Usahma Felix Darrah vom Büro der oppositionellen syrischen Nationalen Koalition in Berlin. Wer sich in die vom Regime kontrollierten Gebiete wagen könne, wähle für eine solche Erkundungsreise meist den Weg über Beirut. Karim al-Wasiti vom Flüchtlingsrat Niedersachsen erklärt, es könne auch vorkommen, dass ein Iraker, der an seinem Herkunftsort gefährdet sei, nach Jahren der Abwesenheit in das sicherere Kurdengebiet reise, um dort Verwandte zu treffen.
Menschen, deren Asylverfahren in Deutschland noch läuft, können laut Bamf zwar jederzeit ausreisen. Wenn sie in ihr Herkunftsland zurückkehren, erlischt allerdings ihre Aufenthaltsgestattung in Deutschland, die sie während ihres Asylverfahrens haben. Auch ihr Antrag als Asylbewerber gilt damit als zurückgenommen.