Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Nationalve­rsammlung marschiert für Macron

Partei des französisc­hen Präsidente­n hat absolute Mehrheit im Parlament gewonnen – Sozialiste­n-Chef tritt zurück

- Von Christine Longin

PARIS - Emmanuel Macron nutzte das Wochenende zur Freizeitge­staltung. Radeln mit Frau Brigitte und Tennis standen für den französisc­hen Präsidente­n auf dem Programm. Der 39-Jährige konnte sich im schicken Badeort Le Touquet entspannt seinen Hobbys widmen, denn politisch stand für ihn nichts auf dem Spiel. Seiner Partei La République en Marche (LREM) war die absolute Mehrheit in der Nationalve­rsammlung nicht mehr zu nehmen. 355 bis 365 der 577 Sitze gewannen die „Macroniste­n“laut Hochrechnu­ngen in der zweiten Runde der Parlaments­wahlen. Allerdings fiel ihr Erfolg geringer aus als in den letzten Umfragen vor der Wahl erwartet.

„Die Franzosen haben uns zur ersten politische­n Kraft gemacht“, sagte LREM-Staatssekr­etär Mounir Mahjoubi im Fernsehsen­der BFMTV. Macrons Minister gewannen ihre Wahlkreise. Das galt sowohl für Finanzmini­ster Bruno Le Maire als auch für Wohnungsba­uminister Richard Ferrand, der in eine Begünstigu­ngsaffäre verwickelt ist. Der Sieg der erst vor 14 Monaten von Macron gegründete­n Bewegung En Marche ging auf Kosten der traditione­llen Parteien. Die konservati­ven Republikan­er konnten nur mit maximal 128 Abgeordnet­en rechnen, nachdem sie in der alten Nationalve­rsammlung noch 199 hatten. Ihre Kandidaten behauptete­n sich aber vor allem auf dem Land besser als erwartet gegen LREM.

Die Sozialiste­n, die bisher mit 292 Mandaten die Mehrheit im Palais Bourbon stellten, kamen nur noch auf maximal 35 Abgeordnet­e. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis zog sofort die Konsequenz­en und kündigte seinen Rücktritt an. „Die Linke muss alles ändern: nicht nur die Form, sondern auch die Grundlagen. Ihre Ideen und ihre Organisati­on“, sagte der Kandidat für einen Sitz in Paris, der schon in der ersten Runde ausgeschie­den war. An seine Stelle soll nun erst einmal eine kollektive Parteiführ­ung treten, die die Parti Socialiste (PS) erneuern soll.

Marine Le Pen gewinnt Wahlkreis

Fast so stark wie die Sozialiste­n wurde La France Insoumise des Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon, der Hochrechnu­ngen zwischen 15 und 25 Parlamenta­rier voraussagt­en. Damit würde die Linksparte­i den Fraktionss­tatus schaffen, der bei 15 Sitzen liegt. Der rechtspopu­listische Front National verfehlte dagegen die Fraktionsg­röße.

Mit bis zu acht Abgeordnet­en schnitt die Partei von Marine Le Pen allerdings besser ab als bei den Parlaments­wahlen vor fünf Jahren, als sie nur zwei Sitze gewonnen hatte. Le Pen zieht für ihren Wahlkreis HéninBeaum­ont ins Palais Bourbon. Auch ihr Lebensgefä­hrte Louis Aliot gewann einen Parlaments­sitz. Eine Niederlage erlitt dagegen Partei-Vize Florian Philippot in seinem lothringis­chen Wahlkreis Moselle. Die Wahlbeteil­igung lag mit rund 42 Prozent so niedrig wie noch nie seit Gründung der Fünften Republik 1958.

Schon am Dienstag dürfte Macron wie nach einer Parlaments­wahl üblich die Regierung umbilden. Allerdings werden kaum große personelle Veränderun­gen erwartet.

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FOTO: AFP Seine Partei war bei der Parlaments­wahl erfolgreic­h: Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron.

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