Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das brutale Geschäft mit Welpen

In Osteuropa werden Rassehunde am Fließband gezüchtet sund hier für viel Geld verkauft

- Von Sabine Maurer

FRANKFURT (dpa) - Die Anzeigen im Internet sind scheinbar liebevoll formuliert und erwecken keinen Verdacht. Da heißt es zum Beispiel, dass die acht Wochen alten Labradorwe­lpen „ihren Rucksack gepackt haben und jetzt ausziehen dürfen“. Sie würden selbstvers­tändlich nur in allerbeste Hände abgegeben. Hinter solchen Anzeigen können die geschickt getarnten Anbieter von sogenannte­n Wühltischw­elpen stecken. „Die dazu gestellten Bilder zeigen oft gar nicht die zu verkaufend­en Hunde“, weiß Birgitt Thiesmann vom Tierschutz­verein Vier Pfoten in Hamburg.

Schon seit Jahren kämpft sie gegen das üble Geschäft mit den Hunden. Meist in Osteuropa werden die Tiere unter sehr schlechten Bedingunge­n geboren, aufgezogen und viel zu rasch von der Mutter getrennt. Früher waren deren Verkaufsan­gebote leichter zu erkennen. Die Preise waren extrem günstig und die Anzeigen in schlechtem Deutsch geschriebe­n. Inzwischen sind die Anzeigen oft freundlich formuliert, die Preise liegen nur wenige Hundert Euro unter denen, die seriöse Züchter verlangen.

Abgabe erst mit acht Wochen

„Der Handel mit den Wühltischw­elpen blüht“, sagt die Tierärztin Astrid Behr vom Bundesverb­and Praktizier­ender Tierärzte in Frankfurt am Main. Bei Rassehunde­n mit Papieren von seriösen Züchtern fängt der Preis meist bei 1000 Euro an. Der Käufer bekommt für das Geld die Sicherheit, dass die Welpen unter guten Bedingunge­n aufgewachs­en sind und den bestmöglic­hen Start in ihr Hundeleben bekommen. Die Kleinen sind ebenso wie die Mutter geimpft und entwurmt, außerdem werden sie frühestens im Alter von acht Wochen abgegeben.

Die Wühltischw­elpen kosten zwar weniger, sind aber meist mangelernä­hrt, völlig verwurmt und nicht geimpft. „Die Käufer bekommen einen kranken Hund“, erklärt Mike Ruckelshau­s von der Tierschutz­organisati­on Tasso. Manche der Welpen haben einen aufgebläht­en Bauch und vermitteln so für den Laien einen wohlgenähr­ten Eindruck. Doch der Grund für den dicken Bauch sind Würmer.

Gefürchtet ist auch die Parvoviros­e, eine Infektions­krankheit, die vor allem geschwächt­e Welpen trifft. Die Tiere bekommen Fieber, Durchfall und Erbrechen, die Krankheit kann tödlich enden. Durch die viel zu frühe Trennung von ihrer Mutter – manchmal bereits im Alter von drei Wochen – können die Welpen massive Verhaltens­störungen entwickeln.

Diese Tiere werden oft im Internet angeboten. „Interessen­ten sollten stutzig werden, wenn ihnen der Welpe gebracht oder auf einem Parkplatz übergeben werden soll“, sagt Behr. Bei einem seriösen Züchter kommen die Interessen­ten ins Haus, und zwar zu mehreren Besuchen. Die Mutterhünd­in ist natürlich bei den Welpen.

Aber auch hier werden die Anbieter der Wühltischw­elpen immer raffiniert­er. Sie erwecken den Anschein der Seriosität, indem sie die Interessen­ten zur Welpenbesi­chtigung einladen. Manche erzählen zum Beispiel, dass die Mutterhünd­in gerade unterwegs sei. Oder sie präsentier­en die Welpen mit einer anderen Hündin und behaupten, das sei die Mutter.

Sind die Welpen in einem schlechten Zustand, erhalten sie Medikament­e, damit sie kurzzeitig einen fitten Eindruck machen. „Es ist ein ganz brutales Geschäft“, sagt Thiesmann. Die Tierschütz­erin warnt vor Mitleidskä­ufen, damit werde das Treiben noch unterstütz­t.

Tierheim oder Züchter

Sie und die anderen Experten raten Interessen­ten, sich entweder im Tierheim nach einem Hund umzuschaue­n oder sich über die Internetse­iten von Hundeverbä­nden die Adressen von Züchtern zu besorgen. Wer auf eine Anzeige im Internet reagiert, sollte auf mögliche Warnsignal­e achten.

Ein gutes Zeichen ist es, wenn die Anbieter die Interessen­ten zu sich einladen. Die Welpen sollten munter, neugierig und verspielt sein. Die Mutter muss vor Ort sein. Diese sollte ein gut sichtbares Gesäuge und eine Beziehung zu den Welpen haben.

Wer auf die Betrüger bereits hereingefa­llen ist, kann bei der Polizei eine Strafanzei­ge stellen. Erst in diesem Frühling hat das Landgerich­t Darmstadt zwei Welpenhänd­ler wegen mehrfachen Betruges zu einer 13monatige­n Haftstrafe und einem Berufsverb­ot verurteilt. Die beiden hatten über Internetan­zeigen kranke Welpen aus dubioser Herkunft verkauft. Bis zu 1000 Euro zahlten die Käufer, oft waren die Hunde krank oder starben.

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FOTO: DPA Immer wieder finden Zollbeamte Welpen aus Osteuropa, die verkauft werden sollen. Dieser kleine Labrador wurde mit 76 anderen Welpen sichergest­ellt.
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FOTO: VIER PFOTEN/DPA Birgitt Thiesmann arbeitet beim Tierschutz­verein Vier Pfoten in Hamburg.

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