Gemeinde Kißlegg prüft einen Neubau
Unterkunft für Obdachlose und Asylbewerber – Auch andere Gemeinden müssen handeln
KISSLEGG/AMTZELL/ARGENBÜHL Um die Flüchtlingszahlen ist es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden, dennoch ist die Unterbringung von Asylbewerbern mit der Anschlussunterbringung nun vor allem Aufgabe der Gemeinden geworden. Wie sieht es in den Gemeinden Kißlegg, Amtzell und Argenbühl aus? Die „Schwäbische Zeitung“hat mit den Bürgermeister über die derzeitige Situation gesprochen.
In Kißlegg ist die Situation so, dass die Gemeinde das bestehende Camp 2 beim Freizeitgelände in der Fürst-Erich-Straße vom Landkreis anmieten wird. „Wir wollen das für die Anschlussunterbringung nutzen“, erklärt Bürgermeister Dieter Krattenmacher. Mit der Anschlussunterbringung geht die Zuständigkeit für die Asylbewerber auf die Gemeinde über. In den Containern leben derzeit hauptsächlich die Asylbewerber aus Gambia, die im November aus dem Container in der Parkstraße ausziehen mussten. Das Camp 3 in der Seestraße werde der Landkreis Ravensburg vorerst weiter selbst betreiben, und zwar als Erstunterbringung, sagt Krattenmacher.
Zudem wird in der Gemeinde wohl ein Neubau für insgesamt rund 50 Obdachlose und Asylbewerber nötig, sagt der Rathauschef. Denn: „Wir sind unter großem Druck.“Kißlegg erfülle derzeit die Quote für die Anschlussunterbringung nicht. „Jetzt sind wir auf der Suche nach einem geeignetem Platz und nach einer Finanzierung.“Kosten von einer halben bis zu einer Million würden dann auf die Gemeinde zukommen.
Finanzielle Belastung für die Kommunen
Derzeit seien verschiedene Standorte „in der Sichtung“, sagt Krattenmacher. Natürlich muss ein mögliches Bauvorhaben vom Gemeinderat abgesegnet werden. Doch Krattenmacher ist sich sicher: „Das wird eine Daueraufgabe, und es bleibt eine Aufgabe der Gemeinde.“Geht alles glatt, soll der Neubau im kommenden Jahr gebaut und bezogen werden. Bei dem Bau, in dem auch Obdachlose untergebracht werden sollen, spricht er von einer „Einfachstunterbringung“: „Wir werden die gesetzlichen Mindeststandards erfüllen – nicht mehr und nicht weniger.“
Hintergrund für den Zugzwang der Gemeinde sei auch, dass der Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Gasthof Adler, in dem derzeit rund 20 Obdachlose untergebracht sind, im nächsten Jahr ausläuft. Außerdem würden auch die Bewohner des Camp 3 in der Seestraße nach 24 Monaten aus der Erstunterbringung in die Anschlussunterbringung und damit in die Zuständigkeit der Gemeinde übergehen.
„Die Aufgabe bedeutet auch eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Kommune“, sagt Krattenmacher. Und es sei noch nicht klar, wie die Kosten gedeckt werden. Bis jetzt seien weder von Bund noch vom Land Gelder an die Kommune für die Anschlussunterbringung geflossen. Dennoch: „Klar ist, dass wir bauen müssen. Außer, es geschieht noch ein Wunder.“Sprich, dass sich noch mehrere Privatunterkünfte für die Anschlussunterbringung finden. Aber daran glaubt er nicht.
Gemeinde Argenbühl nutzt Hof Rummel wieder selbst
Auch die Gemeinden Argenbühl und Amtzell müssen handeln, weil der Landkreis ihnen künftig mehr Personen für die Anschlussunterbringung zuteilen wird. Dies sei der Gemeinde schon mitgeteilt worden, berichtet Argenbühls Bürgermeister Roland Sauter. Er rechnet damit, dass im Juli die ersten neuen Asylbewerber im früheren Hof Rummel einziehen werden. Deswegen wird die Gemeinde den Hof Rummel vom Landkreis zurücknehmen, die Gespräche seien diesbezüglich in der Endphase. Im Jahr 2015 hatte der Landkreis die Mietvorauszahlungen für zehn Jahre geleistet, damit wurde die Sanierung des früheren Hofguts, welches der Gemeinde gehört, finanziert. „Die Vorauszahlung vom Landkreis zahlen wir ratenweise zurück“, erklärt Sauter. Dieses mögliche Szenario sei schon im Ursprungsmietvertrag so vereinbart worden. Bis jetzt haben im Hof Rummel im vergangenen Jahr nur rund sechs Wochen lang einige Flüchtlinge gewohnt, seitdem steht das Gebäude leer.
Auch der Bauhof in Göttlishofen, in dem von Anfang an Flüchtlinge untergebracht wurden, gehört der Gemeinde. Der Landkreis hatte das Gebäude als Erstunterbringung gemietet. Dieses Mietverhältnis laufe nun aus. Die Gemeinde übernimmt nun die Anschlussunterbringung, die Zuständigkeit ändert sich. Für die dort wohnenden Asylbewerber ändere sich indes nichts, sagt Sauter. Das Haus Güthling in Ratzenried werde der Landkreis weiter für die Erstunterbringung nutzen.
Auch in Amtzell werden mehrere neue Asylbewerber für die Anschlussunterbringung erwartet, weshalb die Gemeinde unter Zugzwang ist. Die Verwaltung schlägt daher dem Gemeinderat, der am Montagabend über das Thema berät, vor, die bisher noch nicht genutzte Flüchtlingsunterkunft in Korb vom Landkreis anzumieten. „Im Bereich Anschlussunterbringung haben wir Handlungsbedarf“, erklärt Amtzells Bürgermeister Clemens Moll. Denn die 140 verfügbaren Plätze, die bisher für die Quote gezählt wurden, zählen mit der neuen Berechnung nicht mehr (siehe Kasten).
Die Firma Schnell hatte ihr ehemaliges Firmengebäude dem Landkreis zur Verfügung gestellt, dieser hatte das Gebäude in eine Unterkunft umgebaut und für die Erstunterbringung vorgehalten. Es kamen aber nur wenige neue Flüchtlinge, deswegen wurde das Gebäude nicht gebraucht. Die Gemeinde will indes das Gebäude nun mieten, um dort für neu zugeteilte Asylbewerber eine Anschlussunterbringung zu haben, so Moll. Um die entsprechende Quote zu erfüllen, so steht es in der Sitzungsvorlage, reiche es aus, die 27 Plätze im Erdgeschoss sowie die 18 Plätze im ersten Stock vom Landkreis anzumieten. Das zweite Obergeschoss müsse nicht angemietet werden und sei auch nicht Bestandteil des Untermietvertrages.