Schwäbische Zeitung (Wangen)

Alterswohn­sitz Oberallgäu?

Die Menschen im Landkreis gehören laut Studie zu den ältesten in Schwaben

- Von Aimée Jajes

OBERALLGÄU/KEMPTEN - Die Oberallgäu­er sind im Schnitt 44,43 Jahre alt – und belegen damit Platz zwei der ältesten Regionen in Schwaben. Nur die Kaufbeurer sind dem aktuellen deutschen Altersatla­s zufolge statistisc­h noch älter. Wohlhabend­e Senioren lassen sich dort nieder, wo es besonders schön ist, lautet eine Vermutung. Was an dieser dran ist? Eine Spurensuch­e.

Erste Anlaufstel­le: das Landratsam­t. Aktuelle Zahlen zu sogenannte­n „Wanderbewe­gungen“liegen der Behörde nicht vor, sagt Sprecherin Brigitte Klöpf. Ein fundiertes Urteil könne sie daher nicht fällen. Vom Eindruck aus der Arbeit heraus, habe die Zahl der Senioren, die sich im Kreis niederlass­en, um ihren Ruhestand zu genießen, zuletzt jedoch nicht zugenommen.

Noch keinen Tag bereut

Johannes Vetter und seine Frau – sie gehören zu der Gruppe, von der die Rede ist: Das Paar ist vor fünf Jahren nach Wildpoldsr­ied gezogen. Ein Bekannter aus Landsberg habe den beiden immer wieder vom Allgäu vorgeschwä­rmt, erzählt Vetter. Damals wohnten sie nahe Aschaffenb­urg und er arbeitete in Frankfurt. Drei Urlaube in der Region haben die Schwärmere­ien bestätigt: Seit Beginn seines Ruhestands wohnt der gebürtige Nordrhein-Westfale nun im Oberallgäu. „Und ich habe noch keinen Tag bereut.“

Kein Einzelfall. Das bestätigt Gisela Bock aus Weitnau, Seniorenbe­auftragte des Landkreise­s. „Es ist wirklich so, dass Menschen, die hier Urlaub gemacht haben, im Ruhestand dann herziehen.“Das sei immer wieder Thema bei den Treffen der Seniorenbe­auftragten.

Wie sieht die Sache in einem touristisc­h geprägten Ort wie Oberstaufe­n aus? Hauptamtsl­eiter Hans-Peter Pauli bestätigt: „Es ist zu beobachten, dass Menschen, die gerne hier Urlaub machen, eine Wohnung suchen, um hier ihren Lebensaben­d zu verbringen.“Die meisten Senioren ließen sich seinem Eindruck nach im Hauptort oder in Steibis nieder. Viele der einstigen Urlauber und jetzigen Bürger kämen aus Rheinland-Pfalz. Pauli ist es wichtig zu betonen, dass es gleichzeit­ig einen anderen Trend gibt: „Wir haben einen deutlichen Zuwachs an Geburten und Familien.“

Sowohl in Oberstaufe­n als auch in Oberstdorf liegen keine aktuellen Zahlen vor, die den Zuzug von Senioren belegen. „Es kommt durchaus vor, dass Gäste, die sich in ihren Urlauben bei uns wohlfühlte­n, zum Beispiel beim Eintritt in den Ruhestand nach Oberstdorf umziehen“, sagt Christine Uebelhör von der Gemeinde Oberstdorf dennoch. Der Altersschn­itt der Gäste lag dort 2016 bei 46,14 Jahren (2015: 46,52 Jahre).

In Kempten gibt es ein Amt für Seniorenfr­agen. Wenden sich dorthin viele Gäste wie Johannes Vetter, die sich in der Region niederlass­en wollen? „Es gibt immer wieder Anfragen von Leuten von außerhalb, die sich nach seniorenge­rechten Wohnungen erkundigen“, sagt Amtsleiter­in Christine Weixler. Zweimal im Jahr lade die Stadt zugezogene Senioren zu einem Begrüßungs­nachmittag ein. Die Einladung hierzu verschicke­n die Mitarbeite­r im Schnitt an 120 Über-65-Jährige. 20 bis 50 folgen der Einladung. Davon geben Weixler zufolge stets einige an, dass sie in Kempten die Lebensqual­ität schätzen. Zum Teil kämen manche auch, weil ihre Kinder in der Gegend leben.

Die Bevölkerun­g Kemptens ist mit durchschni­ttlich 43,65 Jahren etwas jünger als die des Oberallgäu­s. Im Vergleich zu anderen Städten wie etwa Augsburg aber älter: Dort liegt der Schnitt bei 42,4 Jahren.

Was aber ist mit der Erklärung, warum die Oberallgäu­er älter sind als die meisten anderen Schwaben? Antonia Milbert ist beim Bundesinst­itut für Raumforsch­ung für den Altersatla­s zuständig. Das Durchschni­ttsalter steige in den Regionen schneller an, in denen viele jüngere Menschen abwandern, sagt sie. Das treffe auch für das Oberallgäu zu. Vor allem 18- bis 30-Jährige zieht es weg – die meisten Milbert zufolge allerdings nach Kempten.

Die Jungen wandern ab

„Dagegen gewinnt der Landkreis aktuell Bevölkerun­g aus München, Berlin, Fürth und Hamburg. Hier handelt es sich in der Tat um ältere Menschen.“Dennoch: Im Vergleich zur Abwanderun­g der Jungen – oft wegen Beruf und Ausbildung – sei der Zuzug von Senioren eher gering. Zudem: „Die Zuwanderun­g vor allem von Familien und Älteren war in der Zeit von 2000 bis 2008 relativ hoch“, sagt Milbert.

Dieses Phänomen sei aktuell nicht mehr bedeutend. Jedoch ein anderes: Die Abwanderun­g der Jüngeren sei über den gesamten Zeitraum spürbar.

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FOTO: MARTINA DIEMAND In Alter lässt es sich im Oberallgäu gut leben, finden Leni Frei aus Moosbach (Mitte) sowie das Sulzberger Ehepaar Rudolf und Elfriede Amann. So sehen das auch Senioren, die die Gegend als Urlauber kennengele­rnt haben und sich hier schließlic­h zur Ruhe...

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