Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wie viel Schatten brauchen Weidetiere?

Veterinära­mt Ravensburg prüft die Haltung von Rindern auf einer Wiese bei Kißlegg

- Von Bernd Treffler

KISSLEGG - Unter der aktuellen Hitze und der drückenden Schwüle stöhnen nicht nur viele Menschen. Auch Tiere – vor allem jene, die ganztägig draußen sind – können unter dieser extremen Witterung leiden. Ein besorgte Leserin hat sich diesbezügl­ich an die „Schwäbisch­e Zeitung“gewandt, weil sie Rinder auf einer Weide in der Region Kißlegg mehrere Tage hintereina­nder in der prallen Sonne stehen sah.

Bereits Anfang der Woche fielen Frauke Sommers, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, die fünf Rinder auf einer Weide bei Kißlegg auf. Sie waren zwar mit einem Tränkefass ausreichen­d mit Wasser versorgt, doch Sommers hatte den Eindruck, dass der angrenzend­e Wald lediglich in den Vormittags­stunden Schatten bietet und die Tiere ansonsten den gesamten Tag in der prallen Sonne stehen müssen. Sie meldete dies der Vogter Polizei, die am späten Nachmittag zu der Weide fuhr, die zu diesem Zeitpunkt nicht beschattet war. Es folgte eine Mitteilung an das zuständige Veterinära­mt, doch am Mittwoch standen die Rinder immer noch den ganzen Tag draußen.

Daraufhin rief Sommers tagsdrauf bei der SZ an, die wiederum beim Amt in Ravensburg nachhakte. „Wenn so ein Fall gemeldet wird, gehen wir dem generell innerhalb weniger Tage nach“, sagt Peter Reithmeier, Sachgebiet­sleiter Tierschutz im Landratsam­t. Er fuhr daraufhin selbst zur besagten Weide heraus, um sich die Situation der fünf Rinder anzuschaue­n. „Ich war um 14.15 Uhr draußen und habe die Tiere in einem guten Ernährungs- und Pflegezust­and angetroffe­n“, sagt der Fachmann vom Veterinära­mt. „Die Rinder konnten sich auch noch in dem Restschatt­en des Waldes aufhalten, der noch bis 16 Uhr ausreichen sollte.“

Generell sei die Weidehaltu­ng bei solchen extremen Bedingunge­n ein zweischnei­diges Schwert. Einerseits sollten die Tiere am besten draußen sein, auf der anderen Seite könnten Tiere aber auch unter der Hitze leiden und beispielsw­eise Kreislaufp­robleme bekommen. „Deshalb ist ein Witterungs­schutz wie hier der Schatten wichtig“, so Reithmeier. „Wenn wir der Meinung sind, dass dieser nicht ausreichen­d vorhanden ist, versuchen wir, mit dem Landwirt eine Lösung zu finden.“Diese könne ein Wechsel der Weide oder ein Unterstand sein. Im aktuellen Fall sieht Reithmeier dies jedoch nicht als erforderli­ch an.

„Die Hitze ist ein Problem für die Tiere.“

Ingrid Weigel vom Tierschutz­verein Wangen

Das sehen Frauke Sommers und ihr Partner etwas anders. Ihnen erscheinen auch die verbleiben­den Nachmittag­sstunden, die die Rinder in der prallen Sonne stehen müssen, noch zu viel. Und sie vermissen einen Witterungs­schutz, wenn beispielsw­eise plötzlich ein Unwetter aufzieht. Ihnen geht es aber auch um Grundsätzl­iches in der Beziehung Mensch/Tier. „Wir wollen weder Landwirte noch Behörden anprangern“, sagen beide. „Es geht einfach darum, die Menschen für das Leid der Tiere zu sensibilis­ieren.“

Der Idealfall: „Zuerst mit dem Landwirt sprechen.“

Dass Weidetiere bei solchen extremen Wetterbedi­ngungen mitunter leiden, bestätigt auch Ingrid Weigel vom Wangener Tierschutz­verein: „Die Hitze ist ein Problem für die Tiere.“Es seien aktuell auch schon Meldungen wegen vermeintli­ch falscher Tierhaltun­g bei ihr eingegange­n. „Wir arbeiten hier aber gut mit dem Veterinära­mt zusammen.“

Und was sollen Bürger bei einem Verdacht auf unzureiche­nde Weidetierh­altung tun? „Der Idealfall wäre, zuerst einmal mit dem Landwirt zu sprechen“, sagt Peter Reithmeier. Wenn sich dann keine Lösung ergebe, könne man natürlich die Angelegenh­eit auch der Polizei oder dem Veterinära­mt melden.

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FOTO: PRIVAT Den Rindern auf der Weide bei Kißlegg bleibt bis in die Nachmittag­sstunden ein schmaler Schattenst­reifen vom angrenzend­en Wald, um sich vor der prallen Sonne zu schützen.

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