Gegen den Lärm
Das Oberallgäuer Landratsamt will Motorradfahrer dazu bringen, leiser zu fahren – Biker sollen sensibilisiert werden
OBERALLGÄU - Die einen haben Spaß an der Beschleunigung, die anderen schimpfen über den Lärm: An den Motorrad-Ausflugsstrecken im Oberallgäu formiert sich Widerstand gegen laute Biker, und der erhält jetzt Unterstützung aus der Politik. Nach dem Runden Tisch im Landratsamt zu diesem Thema Anfang Mai haben der Landkreis Oberallgäu und die Gemeinde Weißenbach in Tirol ein Projekt zur Eindämmung des Motorradlärms gestartet, schildert Manfred Berktold, für Verkehr zuständiger Sachgebietsleiter des Landkreises. Im Mittelpunkt des Projekts stünden der Austausch über Erfahrungen von lärmdämmenden Regelungen und Maßnahmen, die bei den Bikern Bewusstsein für die Lärmbelästigung schaffen sollen. Aber auf Forderungen nach zeitlichen Sperren einzelner Pässe oder durchgehenden Tempolimits geht das Landratsamt nicht ein.
Das grenzüberschreitende Interreg-Projekt beziehe sich auf 15 Gemeinden entlang der beliebten Motorradstrecken zwischen dem Oberallgäu und Tirol wie Joch- und Gaichtpass, sowie den Riedberger Pass und die Queralpenstraße, erklärt Berktold: „Sie haben seit Jahren die gleiche Problematik.“Und die heißt Lärm – vor allem an schönen Abenden. Denn laut dem Sachgebietsleiter machen das Gros der Biker nicht Urlauber oder Tourenfahrer aus München oder Stuttgart aus. „70 Prozent sind einheimische Freizeitfahrer, die nach der Arbeit noch schnell eine Runde drehen.“
Marc Traubel weiß nur zu gut, wie sich das anhört. Wenn die Biker am Ende von Balderschwang beschleunigen, lärme es im ganzen Ort, sagt der Geschäftsführer des Hotels „Hubertus“. „Bei uns im Talkessel dröhnt der Schall ganz extrem“, beklagt Traubel. Der Lärm passe nicht in ein Dorf, das wie Balderschwang Ruhe und sanften Tourismus propagiert. Hotelier Traubel – selbst Motorradfahrer – fordert, den Riedbergpass durchgehend auf 70 Stundenkilometer zu limitieren. Denkbar wäre für ihn auch, ihn zeitlich beschränkt oder in eine Richtung zu sperren. Ähnlich einschneidende Maßnahmen hat auch Bad Hindelangs Rathauschef Adalbert Martin beim „Runden Tisch“verlangt.
Diesen Überlegungen erteilt die Behörde aber eine Absage. „Man kann nicht alles sperren, weil die Straßen ja öffentlich sind“, betont Berktold. Und auch von Tempolimits verspricht er sich nicht viel. Die Lärmbelästigung komme nämlich nicht von der Endgeschwindigkeit, sondern vom „Aufzieh-Effekt“, wenn die Biker beschleunigen. Statt dessen will das Landratsamt zusammen mit den Partnern aus Tirol die Biker für die Lärmthematik sensibilisieren und politisch für strenge Regelungen kämpfen. So würde die Lautstärke der Motorräder in Deutschland bei 5000 Umdrehungen gemessen. Richtig laut würden sie aber bei 9000 bis 10 000 Umdrehungen. Sinnvoll sei außerdem, die Bike- Touren als Freizeitlärm und nicht als Verkehrslärm zu betrachten – was härtere Grenzwerte zur Folge habe.
Erste konkrete Maßnahme des Landratsamts ist die Anschaffung eines neuen Radargeräts, das die Rückseite der Motorräder und somit das Nummernschild erfasst. Hoffnung besteht auch für Oberstaufen. Dort beklagen Anwohner laut Bürgermeister Martin Beckel ebenfalls den Lärm an der Queralpenstraße, die den Ort durchschneidet. Die Gemeinde fordert nach Angaben von Ordnungsamtsleiter Robert Blumrich, die Geschwindigkeitsbeschränkung beim Verkehrsknotenpunkt an der Queralpenstraße auszuweiten. Das sei vielleicht sogar in beide Richtungen denkbar, stellt Berktold in Aussicht.