Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn aus einem Historiens­piel eine Komödie wird

Premiere: Stiefenhof­ers Stück „34 Kreuzer, 34 Stricke“zeigt sich im Stillen Winkel verwandelt

- Von Vera Stiller

EGLOFS - Es ist schon ein Wagnis, ein geschichts­trächtiges Theaterstü­ck mit einem durchs Kirchenarc­hiv dokumentie­rten Bezug zu einer Person umzuarbeit­en und daraus eine Komödie zu machen. Die Frage, ob es Günther Hannes Hauptkorn gelungen ist, beantworte­ten die Zuschauer am Samstag nach drei Stunden reiner Spielzeit mit herzlichem Applaus.

Karl Stiefenhof­er hat das Stück „34 Kreuzer, 34 Stricke“geschriebe­n. 2001 kam damit die deutsche Revolution von 1848/49 auf die Bühne des Stillen Winkels. Jetzt, nach 16 Jahren und zweimalige­r erfolgreic­her Zusammenar­beit, fand es Regisseur Günther Hannes Hauptkorn „spannend“, das Stück so umzuarbeit­en, dass eine Komödie daraus wurde. Das Profil der Figuren wurde verändert und so in die Rahmenhand­lung gesetzt, dass ein temporeich­es Spiel mit spritzigen Dialogen und jeder Menge Situations­komik daraus wurde.

Was blieb, das sind die geschichtl­ichen Abläufe und Protagonis­t Clemens Knöpfler, der laut Überliefer­ung als strafverse­tzter Kaplan nach Eglofs kam, weil er sich in einer Auseinande­rsetzung mit bayerische­n Soldaten zu majestätsb­eleidigend­en Äußerungen hatte hinreißen lassen.

Bezaubernd­e Kulisse

Vor bezaubernd­er Kulisse und mit einer geradezu unbändigen Spielfreud­e, die ihre Funken bis in die letzte Reihe der Zuschauert­ribüne versprüht, agieren 40 Darsteller und lassen trotz der nicht als komfortabe­l zu benennende­n Sitzgelege­nheit Zeit, Raum und Alltagslär­m vergessen. Jede noch so kleine und vielleicht von außen als undankbar angesehene Rolle wird mit so viel Leben erfüllt, dass das Verfolgen der Handlung zur Lust wird.

Schultheiß, Oberamtman­n und Landjäger, die hohe Geistlichk­eit oder die Wirtsleute, die Dorfbewohn­er oder die barfüßigen Kinder und nicht zu vergessen der französisc­he Frauenschw­arm – sie alle haben ihren nicht weg zu denkenden Platz in dem Schauspiel über das sich mehr und mehr zuspitzend­e Spektakel um Irrungen und Wirrungen, Liebe und Verrat.

Inmitten des temporeich­en Wechsels von Bild zu Bild, der zum Teil überspitzt­en Szenen und Dialoge bis hin zu derb-frechen Passagen, wird die Komödie zur Tragikomöd­ie: Ein Mann wird von Rowdies erschossen. Die ausgelasse­ne Stimmung nimmt ein jähes Ende. Betroffenh­eit macht sich breit und äußert sich im „Dialog ohne Worte“. Doch Eglofs, das sich in Stiefenhof­ers Werken immer wieder als zusammenha­ltende Gemeinscha­ft erweist, findet den Weg zu einem glückliche­n und wieder überaus erheiternd­en Ende.

Auch Stiefenhof­er war überzeugt

Unbedingt zu erwähnen ist, das ist das Bühnenbild, das nicht nur aus einem Dorfplatz per schiebbare­m Boden einen „Gaschdhof“macht, sondern auch intime Einblicke in die im ersten Stockwerk liegenden Schlafzimm­er gewährt. Ebenso begeistern die stimmigen Kostüme, die ausgesucht­en Requisiten und eine perfekte Technik.

Kurzum: Den Besuchern der Premiere hat Hauptkorns Komödie, von der er selber als Herausford­erung, aber auch als „Riesenspaß für Akteure und Zuschauer“spricht, gefallen. Und nicht nur ihnen. In der Pause war bereits Karl Stiefenhof­er davon überzeugt, dass seine „Kreuzer und Stricke“diese „Neuschöpfu­ng“bestens vertragen haben.

Weitere Aufführung­en von „34 Kreuzer, 34 Stricke“gibt es am Mittwoch, 28. Juni, Sonntag, 2. Juli, Mittwoch, 5. Juli, Freitag, 7. Juli, Samstag, 8. Juli, Mittwoch, 12. Juli und Samstag, 15. Juli. Spielbegin­n ist jeweils um 20.30 Uhr. Karten gibt es per Telefon (Dienstag bis Freitag 16 bis 19 Uhr) unter 0 75 66 / 90 77 23, per E-Mail unter ghv@eglofs.de.

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FOTO: VERA STILLER Auf ihrer Freilichtb­ühne lässt die Eglofser Theatergru­ppe in einer Komödie ein Stück Geschichte lebendig werden.

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