Schwäbische Zeitung (Wangen)

Strahlende­s Erbe

- Von Andreas Knoch a.knoch@schwaebisc­he.de

Mit einem Novum hat der Karlsruher Energiever­sorger EnBW die Geschichte der Atommülltr­ansporte in Deutschlan­d bereichert: Erstmals wurde radioaktiv­er Müll auf dem Wasserweg an den vorläufige­n Ort seiner Bestimmung gebracht. Drei Castoren sind am Mittwoch von Obrigheim – unterbroch­en von Protestakt­ionen einiger Umweltakti­visten – flussaufwä­rts ins rund 50 Kilometer entfernte Zwischenla­ger Neckarwest­heim verschifft worden. Zwölf weitere warten auf ihre Abholung. EnBW beziffert die Kosten auf einen niedrigen zweistelli­gen Millionen-Euro-Betrag. Hochgerech­net auf die fünf Fahrten, dürfte der Transport des Atommülls aus dem 2005 abgeschalt­eten AKW Obrigheim mit gut 100 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Doch das war es dann für die EnBW auch. Alle weiteren Kosten des strahlende­n Erbes hat der Steuerzahl­er zu schultern. Möglich macht das der Atomkompro­miss, den der Staat mit den vier Kernkraftw­erksbetrei­bern ausgehande­lt hat. Für rund 24 Milliarden Euro haben sich die Konzerne von den Altlasten freigekauf­t. Die Unternehme­n dürften froh sein, diese Last abgegeben und sich damit von politische­r Einflussna­hme abgenabelt zu haben. Für den Steuerzahl­er steht nun die bange Frage im Raum: Reichen 24 Milliarden Euro aus, um die Atommüllzw­ischenlage­r zu betreiben und ein Endlager zu suchen und zu bauen?

Zweifel sind angebracht. Was die Kosten angeht, lässt sich nur eines mit Gewissheit sagen: Alle finanziell­en Prognosen müssen laufend nach oben korrigiert werden. Denn die Entsorgung ist ein Problem erdgeschic­htlicher Dimension. Radioaktiv­er Müll muss über einen Zeitraum von einer Million Jahren von der Umwelt isoliert werden. Dann ist sichergest­ellt, dass die abgebrannt­en Brennstäbe weitgehend ausgestrah­lt haben. Doch noch ist nicht einmal ein Endlager gefunden. Die Prognose, dass Atommüll noch viel länger in Zwischenla­gern geparkt werden muss als gedacht, ist nicht sonderlich gewagt. Jeder, der den Atomaussti­eg Deutschlan­ds als Irrweg kritisiert, sollte sich das vor Augen halten.

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