Ministerin krempelt Schulverwaltung um
Zwei neue Institute sollen die Qualität an Schulen im Südwesten wieder steigern
STUTTGART - Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat am Mittwoch in Stuttgart ihren Plan vorgestellt, wie sie die Qualität an den Schulen im Land steigern will. „Es ist klar geworden, dass wir ein Qualitätsproblem haben“, sagte Eisenmann. Sie bezog sich dabei nicht nur auf den Absturz der SüdwestSchüler in den Vergleichsstudien „Vera 8“und IQB-Bildungstrend aus dem vergangenen Jahr. Auch ganz aktuelle Vergleichsstudien der Klassen 3 und 8 bescheinigen den Schülern im Land ein weiteres Absacken in Deutsch und Mathematik. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Eisenmanns Konzept:
Was wird neu?
Ab 2019 soll es zwei neue Institute geben. Das Institut für Bildungsanalysen soll Daten aus den Schulen erheben und für Qualitätskontrolle zuständig sein. Das sogenannte Qualitätscontrolling, das auf Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, gibt es so – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – noch nicht. Das neue Institut soll seine Erkenntnisse als Empfehlung an die neue zweite Einrichtung weitergeben, an das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung. Dieses soll zentral zuständig sein für die Lehreraus- und Fortbildung und die einzelnen Schulen unterstützen. Die beiden neuen Institute stehen unter der Aufsicht des Kultusministeriums und werden von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet.
Was war bisher das Problem?
Eisenmann spricht von einer „Zersplitterung der Unterstützungsmaßnahmen“. Im Bereich der Lehrerfort- bildung seien im Südwesten 30 Akteure tätig. „Wir müssen das stärker bündeln.“Die noch bestehende Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen sowie das Landesinstitut für Schulentwicklung (LS) sollen in den neuen Instituten aufgehen. Zwar werden deren Standorte erhalten bleiben, denn „ein großes Flächenland wie Baden-Württemberg braucht dezentrale Einheiten“, so Eisenmann. Diese sollen aber keine eigenen Konzepte mehr entwickeln und anbieten können, sondern die zentral gesteuerten Fortbildungsmaßnahmen umsetzen. Dasselbe gilt für die Regierungspräsidien und Staatlichen Schulämter.
Wie kommt das bei den betroffenen Instituten an?
Sie verstehen es als Chance, erklärt etwa LS-Direktor Günter Klein. „Es sind die richtigen Schritte.“Ähnlich äußert sich die Bildungsforscherin Anne Sliwka, die das LS wissenschaftlich leitet. „Die Grundidee ist richtig“, sagt sie. „Mit Daten arbeiten alle leistungsfähigen Systeme.“Da hier die datenbasierte Arbeit aber neu ist, warnt sie davor, dass die Lehrer sich kontrolliert fühlen könnten. „Das muss als dialogisch verstanden werden. Das ist eine kulturelle Frage, und diese Kultur haben wir nicht.“Dass solch ein Veränderungsprozess schiefgehen könne, zeigten Erfahrungen aus anderen Staaten.
Was passiert mit den Mitarbeitern?
Von den Veränderungen sind laut Eisenmann 1200 Menschen betrof- fen – vorwiegend abgeordnete Lehrer. Das seien genug, um die Neuordnung vorzunehmen, ohne neue Kosten zu verursachen. Keiner verliere seinen Job, so Eisenmann. Alles weitere zeige der anstehende Prozess.
Wie geht es konkret weiter?
Eine Lenkungsgruppe unter Leitung der Ministerialdirektorin Gerda Windey und Projektgruppen sollen die genauen Aufgaben und Kompetenzen der neuen Institute erarbeiten. In der ersten Hälfte 2018 soll diese Planung beendet sein. Danach muss entsprechend das Schulgesetz geändert werden. Da das LS auch per Gesetz erschaffen wurde, muss auch dieses geändert werden.
Was bedeutet das für die Lehrerfortbildung?
In einer Online-Umfrage, an der sich etwa 13 Prozent aller Lehrer beteiligt haben, wünschten sich diese laut Eisenmann mehr Qualität und Fachlichkeit in Fortbildungen. Das will die Ministerin durch die neue zentrale Struktur sicherstellen. „Zuerst müssen wir liefern“, sagte sie. Dann sei möglich, fachliche Fortbildungen für Lehrer verpflichtend einzuführen. Auch dem Lehrerwunsch nach gemeinsamen Fortbildungen im Kollegium wolle man nachkommen. Bisher nimmt meist ein Kollege extern an einer Fortbildung teil. Dieses Wissen anschließend an der Schule zu verbreiten, sei schwer.
Was sagen Kritiker?
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft mahnt an, dass es Maßnahmen brauche, die schneller wirkten – unter anderem gesicherte Unterrichtsversorgung. Die FDP im Landtag spricht von „zentralistischen Durchgriffsrechten“.