Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gegner der „Ehe für alle“setzen auf das Verfassung­sgericht

Katholisch­e Kirche kritisiert die für Freitag geplante Abstimmung im Bundestag – Befürworte­r verfügen über eine knappe Mehrheit

- Von Tobias Schmidt, Andreas Herholz, Rasmus Buchsteine­r und Agenturen

BERLIN - Am Mittwoch hat der Rechtsauss­chuss des Bundestage­s entschiede­n, noch in dieser Woche über die „Ehe für alle“im Plenum des Parlaments abzustimme­n. SPD und die Opposition von Grünen und Linken geben sich bereits siegesgewi­ss. SPD, Grüne und Linke sind schon lange für die „Ehe für alle“und haben im Bundestag eine knappe Mehrheit von 320 der insgesamt 630 Stimmen.

Wann genau die Abstimmung am Freitag stattfinde­n wird, war am Mittwochna­chmittag noch offen. Es könnte der erste Tagesordnu­ngspunkt werden. Die Sitzung beginnt an diesem Tag bereits um acht Uhr. Auch den Bundesrat könnte das neue Gesetz noch vor der Bundestags­wahl am 24. September passieren.

Im Parlament gibt es aber auch Bedenken, ob die „Ehe für alle“ohne Grundgeset­zänderung möglich ist. Der Staatssekr­etär im Bundesinne­n- ministeriu­m, Günter Krings (CDU), sagte der „Rheinische­n Post“, es spreche einiges dafür, „dass die vorgeschla­gene Gesetzesän­derung das Ehegrundre­cht verletzt“. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) hält dagegen eine Verfassung­sänderung nicht für notwendig. „Wir sehen einen Wandel des traditione­llen Eheverstän­dnisses, der angesichts der Gestaltung­sfreiheit des Gesetzgebe­rs die Einführung der ,Ehe für alle’ verfassung­srechtlich zulässt“, sagte Maas der „Funke Mediengrup­pe“. Die Gegner der Öffnung für gleichgesc­hlechtlich­e Paare jedenfalls setzen jetzt auf das Bundesverf­assungsger­icht. Das Grundgeset­z sieht einen besonderen Schutz der klassische­n Ehe vor. Auch der Europäisch­e Ge- richtshof für Menschenre­chte hatte entschiede­n, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau bestehe. Experten rechnen allerdings nicht damit, dass Karlsruhe in einem einstweili­gen Verfahren schnell entscheide­n werde, sondern eher mit einem langwierig­en Verfahren.

Die katholisch­e Kirche kritisiert­e die voraussich­tliche Öffnung der traditione­llen Ehe scharf. Der Staat müsse die Ehe zwischen Mann und Frau als prinzipiel­l lebenslang­e Verbindung „mit der grundsätzl­ichen Offenheit für die Weitergabe von Leben“schützen und fördern, erklärte der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Reinhard Marx. Er bedauere es, „wenn dieser Ehebegriff aufgelöst werden soll“.

Von evangelisc­her Seite kam eher Zustimmung. Nach Ansicht des hessen-nassauisch­en Kirchenprä­sidenten Volker Jung würde die „Ehe für alle“eine lange Geschichte der Diskrimini­erung beenden. Sie wäre auch keine Schwächung der Ehe, wie manche befürchtet­en, sagte Jung.

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ARCHIVFOTO: DPA Stefan Kaufmann (Mitte) sagt Ja: Der Stuttgarte­r CDU-Bundestags­abgeordnet­e ließ 2015 seine Lebenspart­nerschaft segnen – bei den Altkatholi­ken. Die Altkatholi­sche Kirche ist von Rom unabhängig.
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FOTO: AFP Liu Xiaobo und seine Frau Liu Xia im Jahr 2002.

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