Aktivist
Als das schwedische Nobelkomitee 2010 den Friedensnobelpreis verliehen hatte, blieb der wichtigste Stuhl im Osloer Rathaus leer: der des Preisträgers Liu Xiaobo. Im Dezember 2008 hatten ihn die chinesischen Behörden festnehmen lassen, mit einer diffusen Begründung, wie sie für autoritäre Staaten üblich ist. Der Vorwurf lautete auf „Untergrabung der Staatsgewalt“. Die kommunistische Regierung hatte ihn damals zu elf Jahren Haft verurteilt. Nun hat sie ihn wegen seiner schweren Krankheit, Leberkrebs im Endstadium, entlassen. Seine Frau Liu Xia, die seit Jahren unter Hausarrest steht, sagte in einer Videobotschaft, dass keine Chance auf Heilung besteht. Das berichtet die Menschenrechtsgruppe „Human Rights in China“.
Für den heute 61-jährigen ehemaligen Philosophiedozenten der Beijing Normal University und Literaturkritiker war dies nicht der erste Gefängnisaufenthalt. Wegen seines Einsatzes für die Menschenrechte in China, der Forderung nach echter Religionsfreiheit in Tibet und der Unterstützung der Demokratiebewegung vom 4. Juni 1989 kam er für zwei Jahre in Gewahrsam. Bei dem unterdrückten Volksaufstand, das als „Tian’anmenMassaker“bekannt geworden ist, starben nach Angaben von Amnesty International bis zu mehrere Tausend Menschen.
Für den konstanten Ruf nach Menschenrechten wurde Xiaobo mehrfach ausgezeichnet. 2004 ehrte ihn die Organisation „Reporter ohne Grenzen“mit ihrem Preis für Pressefreiheit. Xiaobo war als lange Zeit auch publizistisch tätig. So war er Mitverfasser der „Charta 08“. 300 Intellektuelle forderten darin einen „freien, demokratischen und verfassungsmäßigen Staat“. Zudem war Xiaobo Präsident der chinesischen Gruppe der Schriftstellervereinigung P.E.N.
Autoren wie Elfriede Jelinek, Salman Rushdie und Ian McEwan fordern nun die bedingungslose Freilassung Xiaobos und seine Ausreise für die medizinische Behandlung. Die Regierung in Taiwan hat diese bereits angeboten. Daniel Hadrys