Schwäbische Zeitung (Wangen)

Venezuelas Staatschef Maduro spricht von Putschvers­uch

Hubschraub­er wirft Granaten auf Oberstes Gericht

- Von Klaus Ehringfeld

MEXIKO-STADT - Gegen Venezuelas umstritten­en Staatschef Nicolás Maduro ist am Dienstag offensicht­lich ein Putschvers­uch verübt worden. Ein vermutlich gekaperter Polizeihub­schrauber überflog nach Angaben von lokalen Medien am Nachmittag das Oberste Gericht (TSJ), warf vier Granaten ab und feuerte auf das Gebäude. Bilder in sozialen Netzwerken zeigen einen über das Stadtzentr­um kreisenden Helikopter, kurz danach sind Detonation­en zu vernehmen. Der Urheber des Angriffs ist anscheinen­d ein Offizier einer Spezialein­heit und ehemaliger Chef der Flugstaffe­l der venezolani­schen Polizei. Maduro sprach von einem „terroristi­schen Angriff“, dem ein „Aufruf zum Staatsstre­ich“vorausgega­ngen sei.

Verletzt wurde bei der Attacke niemand, da die Granaten nur zum Teil explodiert­en. In der Nähe des Gerichts liegt auch der Präsidente­npalast Miraflores. Unmittelba­r nach dem Angriff wurden die gesamten Streitkräf­te in Gefechtsbe­reitschaft versetzt.

An dem Helikopter, gesteuert offenbar von einem abtrünnige­n Offizier mit Namen Oscar Pérez, war ein Plakat angebracht, auf dem „350 Freiheit“stand. Das bezieht sich auf den Artikel 350 der venezolani­schen Verfassung, der dem Volk das Recht gibt, einer Regierung die Rechtmäßig­keit abzuerkenn­en, wenn sie die Demokratie und die Menschenre­chte verletzt.

Unklar ist, wie der Hubschraub­er samt Besatzung zunächst entkommen konnte und ob es sich um die Tat eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe handelte und ob dahinter eine größere Offensive militärisc­her Kreise steckt, um den umstritten­en linksnatio­nalistisch­en und autoritär regierende­n Staatschef von der Macht zu verdrängen.

Immer wieder sind in den vergangene­n Wochen Berichte an die Öffentlich­keit gedrungen, nach denen Offiziere der verschiede­nen Sicherheit­skräfte dem Präsidente­n die Gefolgscha­ft verweigert­en. Erst am Montag wurden fünf Männer wegen angebliche­r Verschwöru­ng festgenomm­en.

Auf dem sozialen Netzwerk Instagram hatte Pérez fast zeitgleich mit dem Angriff eine Botschaft gepostet, bei der er zur Rebellion gegen Maduros „Tyrannei" aufrief. Er las ein Statement vor, während hinter ihm vier maskierte und schwer bewaffnete Männer standen. Pérez forderte Maduro zum Rücktritt und die Venezolane­r zur Einheit auf.

Seit Monaten gehen die Venezolane­r zu Tausenden auf die Straße und fordern die Ablösung der Regierung. Dabei sind allein seit April 77 Menschen ums Leben gekommen. Maduro, der vor gut vier Jahren das Präsidente­namt vom verstorben­en Staatschef Hugo Chávez übernommen hat, will am 30. Juli eine verfassung­sgebende Versammlun­g einberufen. Diese soll ein neues Grundgeset­z ausarbeite­n und das südamerika­nische Land zu einem sozialisti­schen Staat umbauen. Die Opposition und weite Teile der Bevölkerun­g sind gegen diesen Plan und fürchten, Venezuela gehe damit endgültig den Weg in eine Diktatur.

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FOTO: AFP Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat für den 30. Juli eine verfassung­sgebende Versammlun­g einberufen.

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