Nur nicht erwachsen werden
„Axolotl Overkill“– Helene Hegemanns Verfilmung als brave Provokation
Helene Hegemann verfilmt mit „Axolotl Overkill“ihren eigenen Roman, der von ihr selber handelt und den sie im zarten Alter von 18 Jahren veröffentlicht hat. Doch der Versuch endet in einer allzu braven Provokation.
Mifti (Jasna Fritzi Bauer) ist eine wohlstandsverwahrloste Schulverweigerin, aufgewachsen im Kulturmilieu, erzogen von einem alleinerziehenden Vater. Sie sucht Trost bei einer Schauspielerin (Mavie Hörbiger) und verliebt sich in die Mittvierzigerin Alice (Arly Jover). Das klingt schon originell, und wird durch BerlinerSzene-Ingredienzien und ungewöhnliche Worte noch origineller gemacht, etwa durch den titelgebenden Axolotl. Das ist ein Tier, biologisch ein Schwanzlurch, das sich dadurch von anderen Tieren unterscheidet, dass es grotesk aussieht und sein Leben lang eine Larvenform behält. Man könnte sagen, es wird nie erwachsen.
Dadurch eignet sich der Axolotl zur Metapher für eine ewige Jugend. Das Interessante ist, dass diese Diagnose – Unreife, nicht erwachsen werden wollen oder können – von der jungen Helene Hegemann auf junge Menschen projeziert wird. Sie haben offenbar das Effizienzdenken der Erwachsenenwelt bereits so weit verinnerlicht, dass sie dem eigenen Trieb anders zu sein und aus dem überlieferten Wertekanon auszubrechen, nicht mehr trauen. Der Film allerdings ist keine Literaturverfilmung. Von der sehr dick aufgetragenen Jugend- und Gossen-Sprache des Romans bleibt kaum etwas übrig, ebenso wenig von Drogenwahn und Sexexzessen.
Aber es gibt noch genug: Provokationen mit Vergewaltigungsfantasien, Spaghetti im Gesicht, coole Sprüche. All das bündelt sich zur Geschichte eines traurigen Kindes, das sich im Prinzip vor allem nach Liebe sehnt, und deswegen nichts falsch machen will. Deswegen ist der Film gerade in seinen unmotivierten Kunstkinomätzchen eine sehr brave Provokation. Er will von allen geliebt werden und zündet daher nie so richtig – so wie seinerzeit Hegemanns Debüt „Topedo“.