Testierfähig mittels Sehhilfe
Jeder kann sein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Voraussetzung ist, dass er in der Lage ist, selbstständig zu schreiben und das Geschriebene zu überprüfen. Hinreichend ist dabei, wenn der Testierende dies mit Hilfsmitteln bewerkstelligen kann, wie das Amtsgericht Neuss entschied (Az.: 132 VI 46/16).
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins mitgeteilten Fall hat die Erblasserin mehrere eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testamente errichtet. Hierin setzte sie eine entferntere Verwandte zu ihrer Erbin ein. Gleichwohl hielt sich eine nähere Verwandte für die gesetzliche Erbin. Sie wandte ein, dass die Erblasserin aufgrund einer Augenkrankheit zum Errichtungszeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, selbst Geschriebenes lesen zu können. Daher hielt sie die Testamente für unwirksam.
Vor Gericht musste daher die Reichweite der Sehfähigkeit der Verstorbenen geprüft werden. Zeugen berichteten, dass ihr ihre Sehschwäche durchaus bewusst gewesen sei. So sei sie in der Lage gewesen, mit einer Lupe große Schrift zu lesen. Sie habe offen über die Schwierigkeiten der Testamentserrichtung vor dem Hintergrund der Einschränkung ihrer Sehkraft gesprochen. Schließlich habe sie einen dicken Filzschreiber zur Hilfe genommen. Nach Ansicht der Richter zeigt auch die Tatsache, dass sie falsche Wörter in den Testamenten sehr akkurat durchgestrichen habe, dass sie in der Lage war, den Text Korrektur zu lesen. Die Testamente wurden daher für gültig befunden. (dpa)