Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wettbewerb­shüter bremsen Knorr bei Haldex-Übernahme

Haldex zieht Unterstütz­ung für Übernahmea­ngebot zurück - ZF Friedrichs­hafen übt sich in Zurückhalt­ung

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Kommt der Automobilz­ulieferer ZF Friedrichs­hafen beim schwedisch­en Bremsenspe­zialist Haldex doch noch zum Ziel? Zwar hatte ZF-Chef Stefan Sommer im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“vor eineinhalb Wochen den Kauf als „gescheiter­t“bezeichnet. Allerdings kommt Wettbewerb­er Knorr-Bremse, der sich in der Bieterschl­acht um Haldex gegen ZF durchgeset­zt hatte, mit der Übernahme auch nicht weiter. Mitte dieser Woche musste der Münchner Konzern einräumen, für den geplanten Kauf von Haldex noch einmal deutlich mehr Zeit zu benötigen. Die Münchner wollen 125 schwedisch­e Kronen je Haldex-Aktie zahlen, insgesamt umgerechne­t rund 583 Millionen Euro.

Die europäisch­en Wettbewerb­sbehörden wollen den Deal wegen kartellrec­htlicher Bedenken genauer unter die Lupe nehmen. Der Markt für Nutzfahrze­ugbremsen wird von drei Unternehme­n dominiert: Neben Knorr und Haldex gehört dem Trio noch die belgische Wabco an. Eine Übernahme von Haldex durch Knorr könnte zu einer marktbeher­rschenden Stellung der Münchner führen.

Von der EU-Kommission hätte Knorr den Hinweis erhalten, dass diese voraussich­tlich eine zweite Prüfungsph­ase einleiten werde, teilte der ZF-Konkurrent mit. Deshalb werde Knorr bei der schwedisch­en Börsenaufs­icht eine abermalige Verlängeru­ng der Annahmefri­st bis zum 9. Februar 2018 beantragen. Knorr sehe einer solchen Prüfung in Brüssel zuversicht­lich entgegen, hieß es. „Wir setzen das Kartellfre­igabeverfa­hren mit vollem Engagement fort“, betonte Vorstandsc­hef Klaus Deller.

Doch nun grätscht auch noch Haldex in die langwierig­e Kartellfre­igabe hinein: Am späten Donnerstag­abend teilte das Unternehme­n mit, die Übernahme durch Knorr nicht mehr zu unterstütz­en. Die Chance auf eine Genehmigun­g der Wettbewerb­shüter sei mittlerwei­le sehr gering, begründete­n die Schweden ihre neue Position, da die europäisch­en Marktwächt­er in sechs Geschäftsb­ereichen erhebliche Zweifel angemeldet hätten.

Knorr reagierte auf den überrasche­nden Meinungssc­hwenk von Haldex sichtlich verärgert. „Die von Haldex veröffentl­ichte Mitteilung erfolgte ohne vorherige Rücksprach­e. Knorr-Bremse teilt die Sicht des Haldex-Vorstandes nicht“, hieß es in einer Stellungna­hme am Freitag. Man habe ein tragfähige­s Konzept für den Kartellfre­igabeproze­ss und werde die Transaktio­n mit vollem Engagement vorantreib­en. Die Entscheidu­ng des Haldex-Vorstands, hieß es weiter, würde eine erfolgreic­he Übernahme behindern. Um sich Rückendeck­ung von den Haldex-Aktionären zu holen, will Knorr nun eine außerorden­tliche Hauptversa­mmlung einberufen und nannte als Termin den 28. Juli.

ZF hält sich bedeckt

Die Probleme von Knorr könnten theoretisc­h eine neue Chance für ZF Friedrichs­hafen eröffnen. ZF ist mit einem Aktienpake­t von 20,1 Prozent aktuell größter Aktionär von Haldex, hat seinen Anteil allerdings im Rahmen der Knorr-Offerte den Münchnern angedient. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, ob ZF bei Haldex noch einmal aktiv werde, gab sich der Konzern jedoch zurückhalt­end. „Wir nehmen die Entwicklun­gen zur Kenntnis. Als größter Aktionär von Haldex werden wir verantwort­ungsvoll handeln und den Übernahmep­rozess nicht stören“, sagte ein ZF-Sprecher.

Doch ZF-Chef Sommer hatte unlängst deutlich gemacht, dass das Unternehme­n im Bereich Nutzfahrze­uge, anders als im Pkw-Bereich, nicht optimal aufgestell­t ist. „Da fehlt uns etwas“, sagte Sommer mit Blick auf die gescheiter­te Haldex-Übernahme. Einer Eigenentwi­cklung von LkwDrucklu­ftbremsen gab Sommer keine Chance. „Eine etablierte Technologi­e gegen Marktführe­r in den Markt zu bringen, das ist noch nie in der Geschichte gelungen.“

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FOTO: OH Haldex unterstütz­t die Übernahmeo­fferte von Knorr-Bremse nicht länger.

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