Wettbewerbshüter bremsen Knorr bei Haldex-Übernahme
Haldex zieht Unterstützung für Übernahmeangebot zurück - ZF Friedrichshafen übt sich in Zurückhaltung
RAVENSBURG - Kommt der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen beim schwedischen Bremsenspezialist Haldex doch noch zum Ziel? Zwar hatte ZF-Chef Stefan Sommer im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“vor eineinhalb Wochen den Kauf als „gescheitert“bezeichnet. Allerdings kommt Wettbewerber Knorr-Bremse, der sich in der Bieterschlacht um Haldex gegen ZF durchgesetzt hatte, mit der Übernahme auch nicht weiter. Mitte dieser Woche musste der Münchner Konzern einräumen, für den geplanten Kauf von Haldex noch einmal deutlich mehr Zeit zu benötigen. Die Münchner wollen 125 schwedische Kronen je Haldex-Aktie zahlen, insgesamt umgerechnet rund 583 Millionen Euro.
Die europäischen Wettbewerbsbehörden wollen den Deal wegen kartellrechtlicher Bedenken genauer unter die Lupe nehmen. Der Markt für Nutzfahrzeugbremsen wird von drei Unternehmen dominiert: Neben Knorr und Haldex gehört dem Trio noch die belgische Wabco an. Eine Übernahme von Haldex durch Knorr könnte zu einer marktbeherrschenden Stellung der Münchner führen.
Von der EU-Kommission hätte Knorr den Hinweis erhalten, dass diese voraussichtlich eine zweite Prüfungsphase einleiten werde, teilte der ZF-Konkurrent mit. Deshalb werde Knorr bei der schwedischen Börsenaufsicht eine abermalige Verlängerung der Annahmefrist bis zum 9. Februar 2018 beantragen. Knorr sehe einer solchen Prüfung in Brüssel zuversichtlich entgegen, hieß es. „Wir setzen das Kartellfreigabeverfahren mit vollem Engagement fort“, betonte Vorstandschef Klaus Deller.
Doch nun grätscht auch noch Haldex in die langwierige Kartellfreigabe hinein: Am späten Donnerstagabend teilte das Unternehmen mit, die Übernahme durch Knorr nicht mehr zu unterstützen. Die Chance auf eine Genehmigung der Wettbewerbshüter sei mittlerweile sehr gering, begründeten die Schweden ihre neue Position, da die europäischen Marktwächter in sechs Geschäftsbereichen erhebliche Zweifel angemeldet hätten.
Knorr reagierte auf den überraschenden Meinungsschwenk von Haldex sichtlich verärgert. „Die von Haldex veröffentlichte Mitteilung erfolgte ohne vorherige Rücksprache. Knorr-Bremse teilt die Sicht des Haldex-Vorstandes nicht“, hieß es in einer Stellungnahme am Freitag. Man habe ein tragfähiges Konzept für den Kartellfreigabeprozess und werde die Transaktion mit vollem Engagement vorantreiben. Die Entscheidung des Haldex-Vorstands, hieß es weiter, würde eine erfolgreiche Übernahme behindern. Um sich Rückendeckung von den Haldex-Aktionären zu holen, will Knorr nun eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen und nannte als Termin den 28. Juli.
ZF hält sich bedeckt
Die Probleme von Knorr könnten theoretisch eine neue Chance für ZF Friedrichshafen eröffnen. ZF ist mit einem Aktienpaket von 20,1 Prozent aktuell größter Aktionär von Haldex, hat seinen Anteil allerdings im Rahmen der Knorr-Offerte den Münchnern angedient. Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“, ob ZF bei Haldex noch einmal aktiv werde, gab sich der Konzern jedoch zurückhaltend. „Wir nehmen die Entwicklungen zur Kenntnis. Als größter Aktionär von Haldex werden wir verantwortungsvoll handeln und den Übernahmeprozess nicht stören“, sagte ein ZF-Sprecher.
Doch ZF-Chef Sommer hatte unlängst deutlich gemacht, dass das Unternehmen im Bereich Nutzfahrzeuge, anders als im Pkw-Bereich, nicht optimal aufgestellt ist. „Da fehlt uns etwas“, sagte Sommer mit Blick auf die gescheiterte Haldex-Übernahme. Einer Eigenentwicklung von LkwDruckluftbremsen gab Sommer keine Chance. „Eine etablierte Technologie gegen Marktführer in den Markt zu bringen, das ist noch nie in der Geschichte gelungen.“