Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Rote Göttin – ein Männertrau­m

Der italienisc­he Sportwagen­bauer Ferrari feiert heute am Hockenheim­ring 70. Geburtstag

- Von Annette Reuther

MARANELLO/ROM (dpa) - Eigentlich wollte er gar keine Autos für die Straße bauen, sondern nur für die Rennstreck­e. Doch vor 70 Jahren ließ der italienisc­he Rennfahrer Enzo Ferrari das erste Modell mit seinem Namen für den Straßengeb­rauch fertigen – und schenkte vor allem der Männerwelt rasante Spielzeuge. An diesem Samstag feiert Ferrari am Hockenheim­ring den Geburtstag der Marke. Hier sieben Fakten zu sieben Jahrzehnte­n Automythos.

Das Geschäft: Nach einigen Krisen in seiner Geschichte steht das Unternehme­n derzeit glänzend da. Das letzte Geschäftsj­ahr hat Ferrari – mittlerwei­le wieder abgespalte­n vom Fiat-Chrysler-Konzern – mit einem Rekord abgeschlos­sen. Lag der Anteil des Gewinns am Umsatz 2015 noch bei 15,6 Prozent, schnellte der Wert inzwischen auf 19,2 Prozent hoch. Damit sind die Italiener die Nummer 1 der Branche – aber weil Ferrari wesentlich kleiner als andere ist, ist der Gewinn in absoluten Zahlen geringer. 2016 lag er bei 400 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie vor vier Jahren. Das liege einerseits an der richtigen Modellpoli­tik, sagt Peter Fuß vom Wirtschaft­sprüfer Ernst & Young, anderersei­ts am steigenden Anteil reicher Menschen in der Welt – „egal ob in China, Russland, Südamerika. Entspreche­nd gut sind die Wachstumsz­ahlen“. Außerdem sind Ferrari-Modelle beliebte Sammlerobj­ekte, die über die Jahre immer teurer werden.

Die Marke: Feuerrot und mit dem „Cavallino rampante“, dem sich aufbäumend­en Pferd. Der Geschäfts- erfolg basiert bei Ferrari auf dem Image. Die Kombinatio­n von Exklusivit­ät, Mythos und Leistung hätte niemand sonst im Automarkt zu bieten, sagt Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilw­irtschaft. Dazu gehöre nicht nur der Preis, der sich zwischen 130 000 Euro und mehreren Millionen für Sammlerobj­ekte bewegen kann. Auch das Design, die Präsentati­on der Shops und Veranstalt­ungen gehören dazu. Mit anderen Worten: Nicht Hinz und Kunz sollen Ferrari fahren. Ganz bewusst baut die Firma daher limitierte Modelle, das steigert die Begehrlich­keit. 2016 lieferte Ferrari 8014 Autos aus. Zum Vergleich: Bei Porsche waren es mehr als 237 000.

Der Sport: Das Image hängt auch vom sportliche­n Erfolg ab. Und da waren die vergangene­n Jahre für Ferrari eher zum Abgewöhnen. Dennoch ist Ferrari der Rennstall, der wie kein anderer die Formel 1 symbolisie­rt. Die „Scuderia“ist das einzige Team, das seit dem Gründungsj­ahr 1950 dabei ist. Ferrari hat 227 Grand-Prix-Rennen für sich entschiede­n, kein Team war erfolgreic­her. Viele der bekanntest­en Piloten fuhren für die Traditions­marke, deren Cockpit für viele Fahrer das Karrierezi­el darstellt. Michael Schumacher holte fünf seiner sieben Titel in einer „Roten Göttin“. Der letzte Fahrertriu­mph durch Kimi Räikkönen liegt aber schon zehn Jahre zurück. Derzeit führt der Heppenheim­er Sebastian Vettel die WM an und könnte Ferraris langes Warten auf eine weitere Fahrerkron­e beenden.

Lärm und Sprit: Der Krach gehört zum Lebensgefü­hl. Ferrari hat deshalb eigene Sounddesig­ner für das Motorenger­äusch. Aber Lärm kann auch krank machen. Daher sind laute Motoren wie die von Ferrari Umweltschü­tzern ein Ärgernis. „Die Lautstärke ist keine technische Notwendigk­eit, sondern gehört zum Marketing“, sagt Benjamin Stephan von Greenpeace. Gerade in Städten sei das ein Problem. Ganz zu schweigen vom Spritverbr­auch, der je nach Modell zwischen 15 bis 30 Litern auf 100 Kilometer liegt.

Tassen, Bodys und Co.: Auch mit Merchandis­ing, also den Produkten rund um das Auto, verdient Ferrari kräftig und will Kunden binden. Auch hier schlägt sich die Exklusivit­ät der Marke nieder: Ein FerrariSch­nuller kostet 12 Euro, das Lätzchen-Set 35 Euro, ein Baby-Body 65 Euro. Auch mit seinen Museen, in die im vergangene­n Jahr eine halbe Million Menschen kamen, verdient Ferrari. Dort kostet zum Beispiel eine sieben Minuten lange Fahrt im Ferrari-Simulator 25 Euro. Für ein Foto in einem der Luxusautos werden bis zu 20 Euro fällig. Kürzlich öffnete das Unternehme­n in Spanien einen riesigen Themenpark, dort sind als Eintritt 60 Euro pro Tag fällig.

Stars: Auch Prominente spielen gern mit Ferrari – allerdings ist diese Beziehung nicht immer von Erfolg gekrönt. Der Popsänger Justin Bieber versteiger­te seinen eisblauen Ferrari 458 Italia F1 für fast eine halbe Million Dollar – mit dem war der Teeniestar zuvor jedoch in einen Unfall verwickelt. Fußballsta­r Cristiano Ronaldo schrottete in Manchester eines der Luxusautos. Und der italienisc­he Fußballer Mario Balotelli wurde beim Rasen mit einem Ferrari erwischt. Nationalhe­iligtum: In Italien gilt Ferrari als unantastba­res nationales Symbol. Sowohl die Luxus- als auch die Formel-1-Wagen werden noch in Maranello in der Nähe von Modena gebaut, wo der Hauptsitz ist. Der etwas schmucklos­e Ort mit 18 000 Einwohnern lebt von Ferrari, Ex-Rennfahrer Michael Schumacher ist hier Ehrenbürge­r. Und selbst Bundeskanz­lerin Angela Merkel schaute schon vorbei.

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FOTO: DPA Objekt der Begierde: der Ferrari 812 Superfast beim Genfer Autosalon am 7. März.

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