Schwäbische Zeitung (Wangen)

A 96: Messungen bei Nässe sind schwierig

Polizei kündigt dennoch zwischen Wangen und Leutkirch „längerfris­tige Kontrollen“an

- Von Susi Weber und Melanie Kräuter

KISSLEGG - Die Wischer jagen mit Hochgeschw­indigkeit über die Scheibe. Ich bin, wie häufig, auf der Autobahn nach Memmingen unterwegs. Seit gut drei Monaten gilt 80 bei Nässe. Ich reihe mich rechts ein, auch wenn es eilt. Links fliegen sie an mir vorbei, die Autos jeglicher Markencoul­eur. Sie lassen mich wirken, als wäre ich versehentl­ich als nicht mithaltefä­higes Vehikel im Formel 1Feld gelandet.

80 bei Nässe! Es ist alles da: durchgängi­ger Wasserfilm, Starkregen, Gischt, stehendes Wasser auf der Straße. Nur nicht die Einsicht meiner Verkehrsko­llegen. In den 1990erJahr­en kündete der Slogan der Deutschen Verkehrswa­cht auf Plakaten: „Ab 80 km/h fahren Sie Wasserski.“Die Plakate sind verschwund­en. Die Tatsache der Gefahr ist es – trotz mancher elektronis­chen Helfer – nicht.

Überprüft das jemand?

Was früher Empfehlung war, ist hier und heute Regel. „Überprüft das überhaupt jemand?“, denke ich mir. Immerhin habe ich als Vielfahrer auf dem 80er-Streckenab­schnitt zwischen Wangen und Leutkirch noch nie ein Radargerät gesehen. Und möglicherw­eise lässt das rücksichts­lose Fahrverhal­ten vieler Mitfahrend­er eben genau den Schluss zu, dass Kontrollen eher selten und die Gefahr des „Erwischtwe­rdens“damit gering sind.

Albert Maier, Leiter des Verkehrsko­mmissariat­s Kißlegg, hat zum Teil einen anderen persönlich­en Eindruck. „Wenn der Regen so massiv ist, fahren die meisten Verkehrste­ilnehmer sehr disziplini­ert“, meint er. Er ist der Meinung, dass die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung einen „gewissen Effekt“hat. Auch wenn es noch nicht die nötigen Zahlen und Fakten dazu gibt. Und die berühmten „Ausreißer“gebe es immer. Also die, die trotz Nässe 140 Sachen fahren, oder diejenigen, die mit 60 Stundenkil­ometern durch die Tempo-30-Zone „brettern“. Insgesamt ist Maier der Ansicht, dass ein Großteil der Autofahrer vernünftig und den Wetterbedi­ngungen und Schildern angepasst fährt.

Bisherige Kontrollen gescheiter­t

In Bezug auf die Radarkontr­olle gibt es allerdings einige Schwierigk­eiten, wie er einräumt. Denn für die Geschwindi­gkeitskont­rollen seien die Kollegen in Sigmaringe­n zuständig, die einen längeren Anfahrtswe­g haben. Sprich, es waren schon mehrere Messungste­rmine geplant und dann mussten die Kollegen unverricht­eter Dinge wieder abrücken, weil der Regen zwischenze­itlich aufgehört hatte oder nicht mehr stark genug war. Denn zum Messen muss die richtige Rechtsgrun­dlage herrschen: Sprich, es müssen die oben genannten Nässe-Bedingunge­n herrschen, damit Tempo 80 auch wirklich gilt und eventuelle Geschwindi­gkeitsüber­tretungen geahndet werden können.

Die Verkehrspo­lizeidirek­tion Sigmaringe­n, die auf die Radarkontr­ollen spezialisi­ert ist, kündigt indes an, bei der nächsten Schlechtwe­tterperiod­e „umfangreic­he und längerfris­tige Kontrollen“durchzufüh­ren.

Übrigens sei bei der Argentalbr­ücke die Radarkontr­olle um einiges einfacher, merkt Albert Maier an. Hier galt etwa im Winter Tempo 120: In dieser Situation konnten die Beamten unter allen Bedingunge­n die Geschwindi­gkeit messen, erklärt Maier, egal, ob es regnete, schneite oder die Sonne schien. Bei der Vorgabe Tempo 80 bei Nässe müssten ganz bestimmte Dinge für die Kontrolle herrschen. Maier weist auch immer wieder auf die unterschie­dliche topografis­che Lage allein auf dem Streckenab­schnitt zwischen Leutkirch und Lindau hin. In Lindau könne die Sonne scheinen, in Leutkirch könne es stark regnen.

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