Toyota kurvt kultiviert durchs Niemandsland
Der futuristisch anmutende C-HR bewegt sich zwischen SUV, Kombi und Coupé – Üppige Ausstattung und Verzicht auf Dieselmotoren
Toyota hat sich bisher mit mutigen Autodesigns eher zurückgehalten. Der Corolla konnte es mit seiner gefälligen Formgebung und Langlebigkeit beinahe mit dem VW Golf aufnehmen. Sein Nachfolger Auris gibt sich ebenfalls noch recht nüchtern und brav. Was man von der neuesten Kreation des japanischen Autobauers nicht behaupten kann. Der C-HR (Coupé High Rider) setzt auf Emotionen und polarisiert. Am ehesten noch vergleichbar mit dem kleineren Nissan Juke, bewegt sich das im türkischen Sakarya produzierte Modell im Niemandsland zwischen SUV, Kombi und Coupé.
Die Coupé-Form lassen wir gerade noch durchgehen, zumal die beiden Fondtüren im Blechkleid verschwinden und die Griffe auf Augenhöhe in die C-Säule integriert sind, was optisch gut kommt, aber nicht sonderlich praktisch ist. Das Fahrgestell ist SUV-typisch hoch. Zum „hohen Reiter“oder gar zum Überflieger reicht’s nicht. Der Toyota C-HR kann aber im Wettbewerb um die Gunst jener Kunden, die sich gerne auf hohem Ross wähnen, und im Vergleich
zu Mitbewerbern wie Nissan Quashqai oder Opel Mocca X mit einigen Besonderheiten aufwarten.
Als futuristisch darf man den C-HR mit Recht bezeichnen. Wo er vorfährt, ist ein Aha-Effekt garantiert. Die Reaktionen der Umwelt reichen von Staunen über Stirnrunzeln bis Kopfschütteln. Wer sich aus der Masse der kompakten SUV abheben und gleichzeitig das Konto nicht allzu sehr strapazieren will, liegt bei diesem Auto richtig. Ob sein zerklüftetes Blechkleid sich als stilbildend erweist, wird sich zeigen.
Im Hinblick auf die Motorisierung nimmt Toyota dem Kunden eine Entscheidung ab, die immer mehr Autofahrern Kopfzerbrechen bereitet: Es gibt keinen Diesel. Der C-HR ist nur als 1.8 VVT-I-Hybrid und als Benziner 1.2T zu haben. Allrad kann er zwar bieten, aber nur in Kombination mit dem CVT-Automatikgetriebe. Der C-HR rollt auf der neuen Toyota New Global Architecture (TNGA), die auch der Prius besitzt und die sukzessive auf andere Modelle ausgeweitet werden soll.
Das futuristische Design setzt sich im Innenraum fort. Eine blaue Leiste zieht sich von den Türgriffen über das ganze Armaturenbrett. Sie wirkt metallisch kühl und korrespondiert mit der blauen Hintergrundbeleuchtung von Anzeigen und Schaltern. Drehknöpfe sucht man im Cockpit vergeblich – alles wird über Kippschalter, Tasten und Touchscreen bedient. Über der Mittelkonsole baut sich dieser im AchtZoll-Format mächtig auf. Dort sind alle Multimedia-Funktionen samt Navigationssystem vereint. Das Lenkrad ist – neben den Hebeln für Wischer und Licht – mit Tasten reich bestückt: zehn rechts, acht links plus ein kleiner Satellit für den Tempomat. Ökonomisch und ergonomisch erscheint diese Konzentration erst einmal gut gelöst, doch bedienerfreundlich ist das Ganze nicht. Angesichts der Fülle fühlt sich der Fahrer zunächst überfordert. Hat er erst mal den Dreh raus, vermisst er den Druckpunkt der Tasten.
Während sich Fahrer und Beifahrer in dem gut geformten Gestühl auf Anhieb wohl fühlen und auch längere Strecken ohne Kreuzweh oder Platzangst überstehen, müssen Passagiere im Fond deutliche Abstriche in Kauf nehmen. Durch die nach oben gezogene Schulterlinie bleiben als Fenster nur zwei kleine Dreiecke übrig. Sind diese auch noch getönt, fühlt man sich wie in einer Höhle. Entsprechend eingeschränkt ist auch der Blick für den Fahrer nach hinten. Ohne Kamera lässt sich der C-HR nur im Blindflug rangieren. Bei den eingeschränkten Sichtverhältnissen leistet auch der optionale Parkassistent gute Dienste.
Überhaupt hat der C-HR bereits in der Grundausstattung eine ganze Reihe Sicherheits- und Fahrerassistenzsysteme an Bord, die in dieser Klasse nicht selbstverständlich sind. Eine Kamera in der Frontscheibe und ein Radar hinter dem Frontgrill machen es unter anderem möglich, dass Fahrzeuge und Fußgänger erkannt werden, dass der Abstand zum Vordermann automatisch eingehalten wird, dass die Scheinwerfer automatisch abblenden oder dass das Auto in der Spur bleibt. Unser Testwagen – 1.2T mit 116 PS und SechsgangHandschaltung in der zweithöchsten Ausstattungsvariante „Style“– war außerdem mit einem intelligenten Schaltgetriebe bestückt. Beim Schalten soll das System die Motordrehzahl so anpassen, dass der Gangwechsel weicher wird. Wir spürten davon herzlich wenig. Außerdem muss das System nach jedem Motorstart neu aktiviert werden. Weil sich die Gänge auch ohne den Helfer jederzeit präzise und leicht einlegen lassen, verzichteten wir darauf.
Dass Toyota bei der Motorisierung nicht auf drei Zylinder setzt, wie viele Mitbewerber in dieser Klasse, erweist sich als Vorteil. Der Motor läuft rund, ist leise und agiert in allen Lebenslagen kultiviert. Mit seinen 116 PS bewegt er die rund 1,4 Tonnen nicht gerade flott vom Fleck. Beim Wechsel vom ersten in den zweiten Gang genehmigt sich der Turbolader den Bruchteil einer Sekunde Bedenkzeit und knickt etwas ein, was man so von Toyota nicht gewohnt ist. Die elektrisch unterstützte Lenkung lässt sich geschmeidig bewegen und reagiert auf kleinste
Impulse mit der nötigen Präzision. Das Fahrwerk scheint etwas hart abgestimmt, was den dynamischen Eigenschaften des Autos zugute kommt. Man sitzt im C-HR zwar wie in einem SUV, die Fahreigenschaften gleichen aber eher einer Limousine.
Als Sparwunder hat sich der 1.2T nicht gerade erwiesen. Im SZ-Test schluckte er sieben Liter, einen Liter mehr als angegeben. Der Hybrid mit einer Systemleistung von 122 PS soll mit 3,8 Litern auskommen, dürfte sich also im Alltagsgebrauch mit fünf Litern begnügen.