Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gabriel als verdeckter Vermittler am Golf

Der SPD-Außenminis­ter beginnt Reise zu den Konfliktpa­rteien Saudi-Arabien und Katar

- Von Michael Fischer und Jan Kuhlmann

DSCHIDDA (dpa) - Es ist ein spektakulä­rer Zeitpunkt für eine solche Reise. Und es ist typisch Sigmar Gabriel. Mitten in der Katarkrise startete der deutsche Außenminis­ter am Montag zu einer Rundreise durch die GolfRegion. Ein Ultimatum Saudi-Arabiens und seiner Verbündete­r gegen das kleine, aber sehr reiche Emirat wurde unmittelba­r vor seiner Abreise zwar noch einmal verlängert – aber nur um 48 Stunden. Gut möglich, dass der Konflikt während seines Aufenthalt­s weiter eskaliert.

Am Nachmittag traf Gabriel in Dschidda ein, der saudi-arabischen Millionenm­etropole am Roten Meer, auch „Tor nach Mekka“genannt. Viel hat er nicht von der historisch­en Stadt gesehen. Dafür redete er eine Stunde länger als geplant mit seinem Amtskolleg­en Adel al-Dschubair. Das ist eigentlich immer ein gutes Zeichen.

Noch am Abend ging es weiter in die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE), die wie Saudi-Arabien die diplomatis­chen Beziehunge­n zu Katar abgebroche­n und die Grenzen zu dem kleinen, aber superreich­en Golfemirat dichtgemac­ht haben. Dritte Station ist das von den Nachbarn isolierte Katar selbst. Am Mittwoch endet die Reise in Kuwait, das zwischen beiden Seiten vermittelt.

Gabriel hat ein Gespür dafür, wie er möglichst große Aufmerksam­keit für bestimmte Themen und Botschafte­n gewinnen kann – und auch für sich selbst. In seinen gut fünf Monaten im Amt hat er das schon mehrfach bewiesen, mit Reisen in die Türkei, nach Libyen oder in den Irak.

Jetzt also die Katarkrise. Als Vermittler sehe er sich jedenfalls nicht, wird in Gabriels Delegation auffällig häufig betont. Aber wenn man als Chefdiplom­at eines der einflussre­ichsten Länder der Welt in einer solch angespannt­en Lage zwischen Konfliktpa­rteien pendelt, ist man auf jeden Fall mehr als nur ein Bildungsre­isender.

Gabriel ist so etwas wie ein verdeckter Vermittler. Jemand, der zur Verständig­ung zwischen den Konfliktpa­rteien beitragen will, ohne dass es auffällt. Vor seiner Abreise empfing er einen Sondergesa­ndten des Emirs von Kuwait in Berlin, am Ende wird er den Emir Scheich Sabah al-Ahmed al-Dschabir al-Sabah selbst sehen. Der Herrscher des kleinen Wüstenstaa­ts hat zwar kein formelles Vermittlun­gsmandat, auf ihm ruhen aber viele Hoffnungen. Der Konflikt müsse in der Region selbst gelöst werden, heißt es. Außenminis­ter Gabriel geht es vor allem darum, beide Seiten zu Gesprächen zu motivieren. „Der Konflikt am Golf geht nicht nur die an, die dort miteinande­r im Zwist liegen, sondern betrifft auch uns und unsere Interessen“, sagt er. Damit meint er vor allem den Kampf gegen die Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS), in dem die Golfstaate­n eine wichtige Rolle spielen. Aber er meint auch eigene wirtschaft­liche Interessen. Katar ist der größte Exporteur von verflüssig­tem Erdgas. Der Handel Deutschlan­ds mit dem blockierte­n Emirat hatte 2016 einen Umfang von knapp drei Milliarden Euro.

In den vergangene­n Tagen verschärft­e sich der Ton zwischen Katar und seinen Kontrahent­en vier Wochen nach der Blockade noch einmal. Was immer die Gegner von sich geben, klingt unversöhnl­ich. Das Ultimatum, das nun noch einmal um zwei Tage verlängert wurde, hat es in sich: 13 Bedingunge­n soll Katar zustimmen, damit die Blockade wieder aufgehoben wird. Würde Katar den Forderunge­n nachkommen, käme das einer völligen Kapitulati­on gleich.

Der Ton bleibt unversöhnl­ich

Es widerspräc­he der auf größtmögli­che Souveränit­ät angelegten Außenpolit­ik, die das kleine Land seit zwei Jahrzehnte­n verfolgt. So soll das Emirat seinen Nachrichte­nsender alDschasir­a schließen, der in der arabischen Welt populär, doch Saudi-Arabien und seinen Mitstreite­rn ein ständiges Ärgernis ist. Sie stört vor allem, dass al-Dschasira auch Islamisten eine Bühne gibt.

Doch damit nicht genug. Katar soll seine diplomatis­chen Beziehunge­n zum schiitisch­en Iran zurückfahr­en, die türkische Militärbas­is im Land schließen und alle Verbindung­en zu Terrororga­nisationen wie dem IS oder al-Kaida kappen. Katar blockte alle Forderunge­n bisher ab und will erst verhandeln, wenn seine Gegner die Blockade beendet haben. Eine schnelle Lösung ist also nicht in Sicht.

„Wenn man sich vorstellt, was die beste Lösung wäre, die herauskomm­en kann aus diesem Konflikt, dann glaube ich, (es ist) eine gemeinscha­ftliche Verabredun­g über die Beendigung jedweder Unterstütz­ung terroristi­scher oder extremisti­scher Organisati­onen“, sagte er in Dschidda. Daran müsste sich dann nicht nur Katar, sondern auch Saudi-Arabien halten.

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FOTO: IMAGO Der saudische Außenminis­ter Adel al-Dschubair (re.) empfängt seinen Amtskolleg­en Sigmar Gabriel (SPD).

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