Schwäbische Zeitung (Wangen)

„So etwas habe ich mir nicht vorstellen können“

Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt über die Sicherheit von Reisebusse­n auf deutschen Straßen

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BERLIN - Das Busunglück auf der A 9 schockiert auch deshalb, weil unklar ist, wie es zu dem verheerend­en Feuer kommen konnte. Im Interview mit Rasmus Buchsteine­r erklärt Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU), für wie sicher er den der Busverkehr in Deutschlan­d hält und ob es Konsequenz­en geben wird.

Sie waren selbst am Unfallort. Welchen Eindruck haben Sie von dort mitgenomme­n?

Es war ein schrecklic­hes Bild. So etwas habe ich mir nicht vorstellen können. Es gab nichts Brennbares mehr in dem Bus. Lediglich das Eisengeste­ll war noch übrig. Leider konnten von den Rettungskr­äften nur noch vollkommen verkohlte Leichen geborgen werden. Mich hat das schwer erschütter­t. Mein Mitgefühl und meine Gebete sind bei den Toten, den Schwerverl­etzten und ihren Angehörige­n.

Was lässt sich bisher über Hergang und mögliche Ursachen sagen?

Der Bus ist auf einen Lkw geprallt, der langsam – mit circa 30 Stundenkil­ometern – fuhr. Der Bus hatte eine Geschwindi­gkeit von etwa 60 Stundenkil­ometern. Der Fahrer hat vor der Kollision noch versucht, auf den Seitenstre­ifen auszuweich­en. Das Ganze hat sich an einem Stauende vor einer Baustelle an der A 9 abgespielt. Unklar ist, warum der Bus sofort komplett gebrannt hat. Viele Fahrgäste hatten deshalb keine Chance mehr, sich in Sicherheit zu bringen.

Gab es eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung an der Unfallstel­le?

Auf diesem Teilstück der A 9 sind aktuell 120 Stundenkil­ometer erlaubt. Überhöhte Geschwindi­gkeit war nicht die Unfallursa­che. Es muss jetzt aufgeklärt werden, warum der Bus so unmittelba­r vollständi­g in Brand geraten ist. Ich habe ein Video der Polizei gesehen, die sehr schnell am Unfallort war. Da stand der Bus schon voll in Flammen. Die Hitze war so groß, dass niemand mehr geborgen werden konnte.

Davon abgesehen: Welche Probleme hat es nach dem Unfall sonst gegeben?

Das Bilden der Rettungsga­sse hat nicht einwandfre­i funktionie­rt. Da sind die Helfer in unverantwo­rtlicher Art und Weise behindert worden. Als ich vor Ort war, habe ich gesehen, wie Autofahrer auf der Gegenfahrb­ahn ihre Geschwindi­gkeit stark reduziert haben, um den Unfall zu betrachten. Auch das führt zu erhebliche­n Gefährdung­en anderer, und ist durch nichts zu entschuldi­gen. Daraus ziehen wir auch Konsequenz­en. Wir werden unsere Autobahn-Einsatzkrä­fte flächendec­kend mit mobilen Sichtschut­zwänden ausstatten. Gafferei bei Unfällen ist ein großes Übel. Wir haben Bußgelder und Strafen gerade noch einmal erhöht. Wer absichtlic­h, die Rettungsga­sse blockiert, und Rettungskr­äfte am Einsatz hindert, kann sogar mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.

Wie sicher ist der Reisebus-Verkehr in Deutschlan­d?

Es ist sicherlich der schwerste Busunfall der letzten Jahre. Dennoch gilt: Reisebusse sind sehr sicher. Die technische Ausstattun­g hat sich in den vergangene­n Jahren auch weiter verbessert.

Ist der Unfall für Sie Anlass, die Sicherheit von Reisebusse­n auf Deutschlan­ds Straßen generell auf den Prüfstand zu stellen?

Natürlich werden wir uns die Vorschrift noch einmal anschauen. Aber erst gilt es abzuwarten, was die Ermittlung­en ergeben. Wir müssen klären, warum es bei einem Unfall mit einer doch relativ geringen Aufprallge­schwindigk­eit zu einer solchen Brandentwi­cklung gekommen ist. 80 Prozent der Busbrände gehen vom Motorraum aus. Bei diesem Unfall war es ganz offensicht­lich anders. Der Bus hat von vorne her begonnen zu brennen.

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FOTO: AFP Alexander Dobrindt

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