Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wettlesen am Wörthersee

Bei dem dreitägige­n Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis sind auch vier deutsche Autoren dabei

- Von Matthias Röder

KLAGENFURT (dpa) - Er ist mit 25 Jahren der jüngste Teilnehmer des diesjährig­en Wettlesens um den Ingeborg-Bachmann-Preis – und war eigentlich ein begnadeter Tennisspie­ler. Der Österreich­er Björn Treber war mehrfacher Jugendstaa­tsmeister, hat aber wegen Rückenprob­lemen mit 17 Jahren mit dem Sport aufgehört. „Immerhin hat man auf Tennisturn­ieren viel Zeit zum Lesen“, sagt Treber, der mit bisher vier lyrischen Erzählunge­n unter die Schreiber gegangen ist.

Der Germanisti­kstudent gehört zu den 14 Autorinnen und Autoren, die vom 5. bis 9. Juli in Klagenfurt bei den 41. Tagen der deutschspr­achigen Literatur lesen. Sein Text über das Begräbnis eines Großvaters stammt aus seinem ersten, bisher 300 Seiten langen Roman „Weintrieb“über die Hürden beim Schreiben einer Biografie. „Das Schreiben einer Biografie ist ein Unternehme­n mit vielen weißen Flecken“, meint er.

Werkausgab­e zur Namensgebe­rin

Die Literaturt­age sind in diesem Jahr nicht das einzige Ereignis, das an das Leben und Wirken der mehrfach ausgezeich­neten Ingeborg Bachmann (1926-1973) erinnert. Im Februar erschien mit „Male Oscuro“der erste einer auf 30 Bände angelegten Werkausgab­e. Diese „Aufzeichnu­ngen aus der Zeit der Krankheit“– Traum-Notizen, Briefe an ihre Ärzte und Redeentwür­fe – sorgten für Aufsehen.

Die Seiten gewähren tiefe Einblicke in das Leid und den Schmerz der Literatin nach der Trennung vom Schweizer Schriftste­ller Max Frisch. Im Mai erschien als zweiter Band „Das Buch Goldmann“. Laut Suhrkamp-Verlag sind bei dem MammutProj­ekt zwei Bände pro Jahr angedacht. Ende 2018 werde ein erster Gedichtban­d erscheinen und 2019 der Briefwechs­el mit Hans Magnus Enzensberg­er.

Die Vertrauthe­it mit dem Werk der gerade für ihre Gedichte hoch geachteten Bachmann ist keine Voraussetz­ung für die Teilnahme an dem renommiert­en Wettbewerb. Vielmehr können die neun Mitglieder der Jury in alleiniger Regie ihren Favoriten einladen.

Aus Deutschlan­d sind vier Schriftste­ller dabei. Jörg-Uwe Albig aus Bremen arbeitet als Autor für verschiede­ne Magazine in Berlin. Der Frankfurte­r Eckhart Nickel war unter anderem Chefredakt­eur des Literaturm­agazins „Der Freund“. Mehrfach ausgezeich­net wurde bereits Noemi Schneider aus München. Die Autorin und Dokumentar­filmerin drehte unter anderem eine Doku über eine israelisch-arabische Fußballeri­n. Jackie Thomae aus Halle ist Texterin, Ghostwrite­rin und Romanautor­in („Momente der Klarheit“).

Auftaktred­e zum Feudalismu­s

Eröffnet werden die Tage traditione­ll mit der Klagenfurt­er Rede zur Literatur. Diesmal wird sie der österreich­ische Autor Franzobel halten. Er selbst hatte den Bachmann-Preis 1995 gewonnen. Unter dem Titel „Das süße Glück der Hirngerich­teten“wird die Rede eine Abrechnung mit der Verdummung, der Ignoranz und der Herzlosigk­eit in der Welt. „Alles, was wir durch Erbschafte­n reichen Feudalmens­chen der freien Marktwirts­chaft bereit sind zu teilen, beschränkt sich auf die sozialen Netzwerke“, heißt es im Redetext.

Jungautor Treber gibt sich beim Wettlesen um den mit 25 000 Euro dotierten Hauptpreis nüchternsk­eptisch und sieht „Außenseite­rchancen“. Falls es mit dem großen Coup nicht klappt, gibt es noch vier weitere Kategorien, in denen Preisgeld wartet: Der Deutschlan­dfunk, der erstmals die Lesungen und Jurydiskus­sionen überträgt, stiftete einen mit 12 500 Euro dotierten Preis. Zu gewinnen gibt es weiterhin den Kelag-Preis (10 000 Euro) und den 3sat-Preis (7500 Euro). Das Publikum kann via Internet seinen Liebling bestimmen (7000 Euro) – aber nur ein Voting mit zusätzlich­er Begründung zählt.

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FOTO: DPA Neun Autoren treten ab Mittwoch drei Tage lang zum Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis an. Der jüngste Teilnehmer mit 25 Jahren stammt aus Österreich.

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