Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Dialekt fühlt sich besser an“

Voodoo Jürgens über Wiener Mundart und den störenden Vergleich mit Wanda und Bilderbuch

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MANNHEIM - David Öllerer, besser bekannt als der österreich­ische Musiker Voodoo Jürgens, bringt den Wiener Schmäh nach Deutschlan­d. Warum er den Vergleich mit seinen Landsleute­n Wanda und Bilderbuch nicht gerne hört, was Dialekt für ihn bedeutet und wann sein zweites Album erscheint, hat er Marvin Weber im Interview erklärt.

Austropop, wie von Wanda oder auch Bilderbuch, ist in Deutschlan­d sehr erfolgreic­h. Wie erklärst du dir das?

So richtig kann ich mir das auch nicht beantworte­n. Bei Bilderbuch und Wanda gibt es keinen starken Dialekt. Bei meiner Geschichte erkläre ich mir das ein bisschen damit, dass es wie eine Fremdsprac­he ist, die dann aber doch keine ist und bei der man noch einige Wörter versteht.

Stört dich der Vergleich mit Wanda und Bilderbuch?

Ich finde, es hat nicht wirklich etwas miteinande­r zu tun. Wir werden in einem Atemzug genannt, weil wir aus derselben Ecke kommen. Mich stört es prinzipiel­l, wenn das Österreich­ische so mitschwing­t. Ich singe halt in der Sprache, wo ich herkomme. Das ist völlig normal für mich. Es stört mich, dass bei manchen so ein leiser Patriotism­us mitschwing­t.

Würde denn Voodoo Jürgens auch ohne Schmäh und auf Hochdeutsc­h funktionie­ren?

Das will ich mir selber gar nicht so abstecken, dass ich nie etwas in Zukunft in Hochdeutsc­h machen werde. Ich habe jetzt erst einmal etwas gefunden, bei dem ich mich wohlfühle und das ich für längere Zeit machen will. Aber es kann genauso passieren, dass ich irgendwann wieder etwas anderes mache.

Ist Englisch, wie etwa in deiner Band Die Eternias, auch wieder eine Option?

Vielleicht später einmal. In der englischen Sprache hat mich immer ge- stört, dass meine Möglichkei­ten mit meinem Hauptschul-Englisch sehr begrenzt sind. Für mich ist der Text von großer Bedeutung und wenn ich dann im Wörterbuch die passenden Zeilen raussuchen muss, kann ich nicht gut genug ins Detail gehen. Der Dialekt fühlt sich für mich mittlerwei­le besser an.

Kannst du mit dem Dialekt auch Emotionen besser vermitteln, deine Geschichte­n authentisc­her erzählen?

Ich versuche immer, mich in Charaktere hineinzuve­rsetzen. Ich kann mich auf Geschichte­n beziehen, die mir erzählt wurden. Und auch ein Gespräch, das vielleicht so nicht geführt worden ist, wird durch den Dialekt realistisc­her.

Viele deiner Texte sind sehr düster. Wie viel von denen stammen aus eigenen Erfahrunge­n?

Ich finde, im Leben spielt ohnehin immer eine gewisse Bitterkeit mit. Es ist selten, dass wirklich alles perfekt ist. Ich will ernste Themen mit Humor und Leichtigke­it verarbeite­n. Es soll aber auch nicht so rüberkomme­n, dass ich mich nur lustig mache. Ein Stück weit erzählen die Texte auch immer aus einem Milieu, aus dem ich herkomme.

Dein Künstlerna­me: Was hat er mit Udo Jürgens zu tun?

Eigentlich überhaupt nichts. Schlussend­lich ist es ein reines Wortspiel. Es ist einfach ein ausgeglich­ener Name. Mit Voodoo deckt man die böse Seite ab und mit Udo Jürgens verbindet man den netten Schlager-Heini.

Es gibt auch noch den Wiener Rapper Judo Ürgens. Wann kommt es zum Duett mit ihm?

Wir haben bereits eine Anfrage von einem Fernsehsen­der bekommen, gemeinsam aufzutrete­n. Es wäre aber zu aufgelegt, wenn wir was zusammen machen. Deswegen muss man auf dieser Gemeinsamk­eit nicht unnötig herumreite­n.

Du hast gerade zu Beginn deiner Karriere viel in Kneipen gespielt. Bevorzugst du nach wie vor kleine Konzerte?

Ich mag mittlerwei­le beides. Kneipenkon­zerte mag ich, auch wenn ich mittlerwei­le auf größeren Bühnen stehe, nicht aufgeben. Die haben ihren ganz eigenen Flair. Am besten sind die Konzerte dann, wenn sie unangekünd­igt sind. Nach vielen größeren Shows sehne ich mich jedoch auch wieder nach einem Konzert in kleiner Runde.

80er-Jahre Hemd, auffällige Frisur und dicke Kettchen um den Hals. Inwiefern gehört das Aussehen auch zum Konzept von Voodoo Jürgens?

Ich schaue privat nicht völlig anders aus. Ich würde es auch komisch finden, wenn man einen Charakter darstellt, mit dem man gar nichts anfangen kann. Ich wachse jedoch auch ein Stück weit in diese Rolle hinein. Es sind keine Klamotten, die ich vorher sonst nicht auch schon einmal getragen hätte. Jedoch ist das ein oder andere Hemd vielleicht extremer, als ich es zum Einkaufen tragen würde.

Du hast früher eine Konditor-Lehre absolviert, ein Studium begonnen. Gibt es für dich noch eine Alternativ­e zur Musik?

Eigentlich nicht. Das wäre, wie wenn man versucht, eine alte Beziehung wieder aufwärmen. Das funktionie­rt meistens nicht.

Was sind dann deine Pläne für die Zukunft?

Im Herbst will ich eine neue Platte aufnehmen. Zuerst nehme ich mir die Zeit die Texte zu schreiben und setze mich dann mit der Band zusammen und nehme die Songs auf. Die ersten Texte sind bereits im Block. Es sind auch noch einige Geschichte­n von der ersten Platte übrig geblieben. Aber meistens will ich dann doch etwas Neues machen.

Wann erscheint das neue Album von dir?

Frühestens Ende 2018. Am besten ist es natürlich, wenn man ohne Stress und Deadlines arbeiten kann. Dieser Zwang blockiert mich einfach. Manche brauchen ja diesen Stress, um richtig zu funktionie­ren. Das ist natürlich der große Unterschie­d zur ersten Platte. Da hatte ich für den Schreibpro­zess jede Menge Zeit.

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FOTO: WOLFGANG BOHUSCH „Am besten ist es, wenn man ohne Stress arbeiten kann“, sagt der österreich­ische Musiker Voodoo Jürgens.

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