Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rosenduft betört seit Jahrtausen­den

Alte Sorten sind kaum krankheits­anfällig – Neuere Züchtungen blühen bis zum Herbst

- Von Juliane Matthey

BADEN-BADEN (dpa) - Ihre Namen verspreche­n Tradition: Gallica, Alba und Damaszener sind sogenannte alte Rosen. Teilweise werden sie schon seit Jahrhunder­ten in den Gärten kultiviert. „Wenn man sich vorstellt, dass eine Rose die Menschen seit der Antike erfreut, ist das etwas ganz besonderes“, schwärmt Eilike Vemmer von der Gesellscha­ft deutscher Rosenfreun­de in Baden-Baden.

„Wegen ihrer Schönheit und Robustheit findet man sie bis heute in vielen Gärten“, sagt Thomas Hawel, Leiter des Europa-Rosariums Sangerhaus­en. „Im Verkauf spielen sie leider kaum mehr eine Rolle.“Hobbygärtn­er müssen sich teils sogar bei Fachhändle­rn eindecken. Dabei haben diese Sorten mit ihren speziellen Blüten und ihrem intensiven Duft einen besonderen Charme. Und sie sind dank ihrer Unkomplizi­ertheit ideale Rosen für Einsteiger.

Was sind historisch­e Rosen?

Die Bezeichnun­gen historisch­e und alte Rosen werden synonym verwendet. Sie stehen für Klassen, die es schon vor der ersten Edelrose, einer Teehybride, im Jahr 1867 gab. Auch Neuzüchtun­gen aus diesen Klassen gelten als alte Rosen. Die ältesten Rosenklass­en existieren bereits seit über 2000 Jahren, so etwa die Gallica.

Was sind berühmte historisch­e Rosen?

Gallica bringt laut Vemmer mehr Farbtöne hervor als jede andere alte Klasse. Auch die weiß bis zartrosa blühende Alba existiert seit der Antike, im Mittelalte­r wurde sie mit Reinheit und der Jungfrau Maria assoziiert. Die ähnlich alte Damaszener hat einen lieblichen Duft und wurde für Rosenöl gezüchtet. Die rund 500 Jahre alten Centifolie­n haben oft mehrere Hundert Blütenblät­ter. Aus ihnen entstand Ende des 17. Jahrhunder­ts die würzig duftende Moosrose, deren Kelch und Stiel wie bemoost aussehen. Die ab 1800 aus einer HerbstDama­szener entstanden­e PortlandRo­se war eine der ersten öfter blühenden Rosen. Die auch als alte Rosen geltenden Bourbon-, Noisette-, Tee- und Remontant-Rosen entstanden im 19. Jahrhunder­t mithilfe chinesisch­er Gartenrose­n und zeigen auch schon Merkmale moderner Rosen.

Worin unterschei­den sich alte und moderne Rosen?

Vor allem in Blühdauer, Farbe und Robustheit. Laien wird zuerst die Blühdauer auffallen: Während manch moderne Sorte bis zum ersten Frost blüht, ist bei vielen alten nach drei bis sechs Wochen Schluss. „Sie blühen nur einmal, aber dann richtig“, sagt Hawel. Das Farbspektr­um alter Rosen ist ebenfalls eingeschrä­nkt. „Signalrot, Gelb, Orange und Lachsfarbe­n gibt es nur bei modernen Rosen“, erklärt Hawel. Auch die Blütenform ist anders: „Historisch­e Rosen haben eher eine Tellerform.“Die Blütenblät­ter alter Rosen sind meist weicher, wodurch der Duft besser verströmt, erklärt der Gartenbuch­autor Andreas Barlage aus Karlsruhe.

Warum sollten Hobbygärtn­er alte Rosen wählen?

Sie sind kaum krankheits­anfällig. „Die meisten Anfälligke­iten entstanden durch Einkreuzun­g der Chinarosen“, sagt Vemmer. „Moderne Züchtungen der letzten 20 bis 30 Jahre sind aber in der Regel noch robuster als alte Sorten.“Aber er ergänzt einen weiteren Vorzug: „Vor allem viele Gallicas und Albas sind unschlagba­r frosthart.“In diesem Punkt könnten die modernen Rosen nicht mit den alten Sorten mithalten.

Doch ob alte Sorten besser oder schlechter sind als moderne, wollen die Experten nicht allgemein bewerten. Es komme auf die Sorte an, aber alte Rosen hätten eben einen eigenen Charme. „Der spezielle Duft, das Aussehen der Blüten ist ausschlagg­ebend für viele Rosenfreun­de“, schwärmt Hawel. Expertin Vemmer haben es die klingenden Namen und die Geschichte­n dahinter angetan.

Welche besonderen Sorten gibt es?

Unter den vielen Hundert Sorten alter Rosen haben die Experten einige Favoriten. Die karminrote Apothekerr­ose (Rosa gallica Officinali­s) existiert seit Anfang des 14. Jahrhunder­ts und duftet intensiv. Eine schöne Mutation ist für Hawel die Sorte Versicolor mit rot-weiß gestreifte­n Blütenblät­tern. Die dicht gefüllte, über 500 Jahre alte Alba-Sorte Maiden's Blush in Zartrosa gilt auch als Klassiker.

Die meisten heute erhältlich­en Sorten stammen laut Vemmer aus dem 19. Jahrhunder­t. Ein Beispiel ist Madame Boll, die wie alle PortlandRo­sen gut für den Einsteiger ist. „Die sind sehr pflegeleic­ht und blühen dauernd“, sagt Vemmer. Stanwell Perpetual, eine Kreuzung aus Bibernell-Rose und Herbst-Damaszener, muss nur alle sieben Jahre geschnitte­n werden. „Sie blüht und duftet immer, ist immer gesund.“Die Moosrose Salet hat die gleichen Vorzüge.

Was ist bei der Pflege zu beachten?

Für alte Rosen gilt das Gleiche wie für alle Rosen: Sie brauchen mindestens vier Stunden Sonne am Tag, einen luftigen Standort und vertragen bis auf Gallicas und Albas karge Böden nicht gut. Eines braucht man jedoch bei alten Rosen besonders, sagt Autor Barlage: Geduld. Es dauere zwei bis drei Jahre, bis sie richtig blühen. Zu oft sollte man sie deshalb nicht schneiden, mahnt Vemmer. „Wenn man sie jedes Frühjahr schneidet, hat man nie Blüten.“Es reiche, alle fünf bis sechs Jahre das alte Holz zu entfernen.

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FOTO: DPA Die alte Sorte Salet gilt unter den Experten als ein sehr gesundes Exemplar.

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