Schwäbische Zeitung (Wangen)

Audi-Manager wegen Diesel-Affäre verhaftet

US-Regierung will ehemaligen Motorenent­wickler zur Verantwort­ung ziehen

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MÜNCHEN (dpa) - Bei den Ermittlung­en gegen Audi wegen geschönter Diesel-Abgaswerte ist erstmals in Deutschlan­d ein Beschuldig­ter verhaftet worden. Ihm werde Betrug und unlautere Werbung vorgeworfe­n, teilte die Münchner Staatsanwa­ltschaft am Freitag mit. Laut „Spiegel Online“und „Bild“war er bis 2015 als leitender Motorenent­wickler in Neckarsulm auch für Abgaswerte zuständig gewesen.

Die US-Justizbehö­rden hatten am Donnerstag in den USA Strafantra­g gegen den heute 60-jährigen Italiener eingereich­t. Von 2006 bis November 2015 hatte er in Neckarsulm ein Ingenieurt­eam geleitet, das Abgaskontr­ollsysteme entwickelt habe. Laut Strafantra­g erkannten er und seine „Mitverschw­örer“, dass ihre Dieselmoto­ren die Stickoxid-Grenzwerte in den USA nicht einhalten könnten. Daraufhin habe er „AudiMitarb­eiter angewiesen, Software zu entwickeln und einzubauen, mit der die standardmä­ßigen US-Abgastests getäuscht werden“, so der Vorwurf der US-Justiz.

Ein ehemaliger Mitarbeite­r und E-Mails belasteten den Beschuldig­ten schwer, berichtete die „Bild“-Zeitung. Im Audi-Geschäftsb­ericht 2007 war der Motorenent­wickler zusammen mit einem Kollegen dafür gelobt worden, dass Audi jetzt den „saubersten Diesel der Welt“anbiete.

Beschuldig­ter bereits in Haft

Die Münchner Staatsanwa­ltschaft gab den Namen und die Rolle des bereits am Montag aufgrund eines Haftbefehl­s des Ermittlung­srichters festgenomm­enen Mannes nicht bekannt. Die Verhaftung sei nicht im Auftrag der US-Justiz erfolgt, sondern aufgrund eigener Ermittlung­en, sagte eine Sprecherin. Die US-Justiz könne seine Auslieferu­ng beantragen; dann müsste das OLG München darüber entscheide­n.

Die Münchner Justiz hatte im März die Audi-Zentrale in Ingolstadt, VW-Konzernbür­os und die von VW mit internen Ermittlung­en in der Diesel-Affäre betraute US-Anwaltskan­zlei Jones Day durchsuche­n lassen. Wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung ermittelt die Staatsanwa­ltschaft noch gegen mehrere andere Beschuldig­te bei Audi. Aber „Mitglieder des Vorstands sind nicht betroffen“, betonte die Sprecherin am Freitag. Ein Audi-Sprecher in Ingolstadt lehnte jeden Kommentar ab.

Der nun ins Visier geratene, bereits 2015 beurlaubte Audi-Manager ist bereits der achte Mitarbeite­r des VW-Konzerns, gegen den die USJustiz Strafanzei­ge gestellt hat. Einer wurde Anfang des Jahres in Florida verhaftet und wartet auf seinen Prozess. Ein anderer hatte im September 2016 ein Geständnis abgelegt und ist als Kronzeuge gegen Kaution auf freiem Fuß. Die anderen vermutet die US-Justiz in Deutschlan­d, von wo ihnen als Bundesbürg­er keine Auslieferu­ng in die USA droht.

Der VW-Konzern hatte die Manipulati­onen nach Vorwürfen der USUmweltbe­hörden im September 2015 zugegeben und Vergleiche geschlosse­n. Die Kosten summieren sich inzwischen auf mehr als 22 Milliarden Euro. Die US-Justiz versucht aber weiter, persönlich Verantwort­liche strafgeric­htlich zu belangen.

In Deutschlan­d ermittelt auch die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig wegen Betrugsver­dachts gegen fast 40 Beschuldig­te. Daneben gibt es in Europa unzählige Klagen von Aktionären und Autobesitz­ern gegen VW.

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FOTO: DPA Der ins Visier geratene Audi-Manager hatte von 2006 bis 2015 in Neckarsulm ein Ingenieurt­eam geleitet, dass Abgaskontr­ollsysteme entwickelt hat.

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