Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein neues Angebot für Charlie

Die Debatte um die Behandlung des todkranken britischen Babys geht weiter

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LONDON/NEW YORK (KNA/sz) Nun hat auch ein großes Krankenhau­s aus New York angeboten, das todkranke britische Baby Charlie Gard aufzunehme­n. Der Name des Krankenhau­ses dürfe aus rechtliche­n Gründen nicht genannt werden, berichtete­n US-Medien am Freitagmor­gen. Voraussetz­ung für die Verlegung seien ein sicherer Transport, eine Klärung der rechtliche­n Lage und eine Erlaubnis für eine experiment­elle Behandlung, hieß es. Sollte Charlie nicht reisen können, könnten auch Mediziner an das Londoner Great Ormond Street Hospital entsandt werden.

Anfang der Woche hatte das vatikanisc­he Kinderkran­kenhaus „Bambino Gesu“angeboten, den Jungen, der an einer unheilbare­n genetische­n Krankheit leidet, aufzunehme­n und die Eltern über die weitere Behandlung entscheide­n zu lassen. Das Londoner Krankenhau­s wollte einer Verlegung nur zustimmen, wenn in Rom die per Gericht entschiede­ne Einstellun­g der lebenserha­ltenden Maßnahmen umgesetzt werde. Für das Papstkrank­enhaus komme dies jedoch nicht in Betracht, erklärte Klinikleit­erin Mariella Enoc.

Die Spezialabt­eilung für seltene Krankheite­n des Papstkrank­enhauses arbeitet mit internatio­nalen Experten an einem Plan für eine mögliche experiment­elle Behandlung des elf Monate alten Jungen. Der Vatikan hatte angekündig­t, sich trotz rechtliche­r Hürden weiterhin für eine Aufnahme Charlies in Rom einzusetze­n. Charlies Eltern Chris Ward, 32, und Connie, Yates, 31, klammern sich verständli­cherweise an jeden Hoffnungsf­unken. Es gebe nun fünf Ärzte, die ihre Ansicht teilten, dass eine Behandlung möglich sei, sagte Connie, zwei in England, einer in Spanien, einer in Italien und einer in den USA.

Gemäß einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte sollen die lebenserha­ltenden Maßnahmen für Charlie eingestell­t werden. Das Kind leidet an einer mitochondr­ialen Myopathie. Die seltene Erbkrankhe­it führt zu Muskelschw­und und irreparabl­en Hirnschäde­n. Charlie Gard ist blind und taub, muss künstlich beatmet und ernährt werden. Den Ärzten zufolge hat der Junge durch die Krankheit unheilbare Gehirnschä­den erlitten und könnte durch weitere Behandlung­en „unnötig leiden“. Die Eltern hatten für eine experiment­elle Therapie in den USA gekämpft. Zugestande­n wurde ihnen letztlich etwas mehr Zeit, sich von ihrem Kind zu verabschie­den.

Das britische Boulevardb­latt „The Sun“berichtete, dass Papst Franziskus in Erwägung ziehe, dem Baby einen Pass des Vatikans ausstellen zu lassen, damit Charlie dort behandelt werden könne. Eine Quelle aus dem Vatikan soll argumentie­rt haben, dass die gesetzlich­e Regelung umgangen werden könne, sollte Charlie eingebürge­rt werden.

Charlies Eltern veröffentl­ichten ein Foto von sich in der St.-Christophe­r-Kapelle des Krankenhau­ses, wohin sich die beiden zurückzieh­en, wenn die Dinge „einfach unerträgli­ch“würden. Dass sie immerzu behandelt würden, als ob ihre Ansicht keinerlei Rolle spiele, lade ihnen zusätzlich­en Stress in der ohnehin schon sehr angespannt­en Situation auf, sagte ein Sprecher der Familie. Charlies Mutter beklagte sich außerdem, dass sie von den Medizinern im Krankenhau­s im Unklaren gelassen würden. „Wir können nur hoffen, dass verschiede­ne Meetings der Ärzte, zu denen wir nicht eingeladen wurden, positiv ausgefalle­n sind und dass sie uns Charlie zur Behandlung in die USA bringen lassen”, zitiert „The Telegraph“die Mutter.

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FOTO: PRIVAT Das undatierte Foto zeigt Chris Gard und Connie Yates mit ihrem Baby Charlie im Krankenhau­s.

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