Verlottert, feierwütig, laut: Studenten sind Vorurteile leid
Verärgerung wegen Wohnheim-Klage in Ravensburg – Verbindung sucht Immobilie
RAVENSBURG - Die Klage gegen das geplante Studentenwohnheim in der Graf-Sternberg-Straße in Weißenau schlägt Wellen. Jetzt melden sich die Studenten zu Wort. Sie können nicht verstehen, dass sie vielerorts als unerwünschte Nachbarn gelten. Zumal ihnen der angespannte Wohnungsmarkt selbst zu schaffen macht.
„Man kann nicht alle Studenten über einen Kamm scheren“, meint Peter Zeller. Der Ravensburger sitzt derzeit der Studentenverbindung AV Ravenspurgia vor. „Es gibt Personen, die machen als Mieter überhaupt keine Probleme“, sagt der 27-Jährige. Ruhestörer kommen jedoch auch vor, lenkt er ein. Laut Zeller wohnen die ruhigen und ehrgeizigen Studenten lieber alleine. In Wohngemeinschaften (WGs) und Studentenwohnheimen gehe es oftmals lauter zu. „Das liegt auch daran, dass Wohnheime natürliche Treffpunkte sind“, erklärt Zeller. Hinzu komme, dass sich viele Studenten eine eigene Wohnung gar nicht leisten können. „Die hohen Mietpreise und die schlechte Situation auf dem Wohnungsmarkt gehören zu den Gründen, warum Studenten zusammenziehen.“
Der ehemalige Student, der mittlerweile bei einer Unternehmensberatung in Berlin arbeitet, hat selbst schon in Wohnheimen gelebt. Er hat die Erfahrung gemacht, dass gemischte Wohnheime, in denen Männer und Frauen untergebracht sind, am besten funktionieren. „Da respektiert man sich gegenseitig und fühlt sich verantwortlich“, so Zeller. Fehlverhalten würde sich seiner Meinung nach in Grenzen halten, wenn sich jemand um die Einhaltung der Regeln kümmert. „Kontrolle hilft, für Ordnung zu sorgen“, sagt der 27-Jährige. Wie schwer es ist, an eine Immobilie zu kommen, hat die Studentenverbindung AV Ravenspurgia selbst zu spüren gekommen. „Wir suchen seit Längerem nach einem Haus, in dem wir Wohnungen für unsere Verbindungsstudenten einrichten können“, berichtet Vorsitzender Zeller. Insgesamt fünf Zimmer mit je 50 Quadratmetern schweben der Verbindung vor. „Das Kapital ist vorhanden“, so Zeller. Interessant wäre ein eigenes Haus für die AV Ravenspurgia auch, weil die Mitglieder dann einen Versammlungsort hätten. „Eine Bar im Haus wäre schön“, gibt Zeller lachend zu, „das könnte dann schon mal lauter werden.“
Die 20-jährige Milena Katanic kann ein Lied davon singen, wie dürftig der Wohnungsmarkt für Studenten ist. Die Lehramtsstudentin pendelt jeden Tag von Friedrichshafen nach Weingarten. „Ich wäre gerne hierhergezogen“, sagt sie. Doch die Wohnungen seien zu teuer, deshalb wohnt sie noch bei ihren Eltern. Katanic: „Die Vermieter wollen selten Studenten haben. Dabei sehe ich die Vorurteile, dass Studenten laut und unordentlich sind, nicht bestätigt.“
Jonathan Hohlock kommt aus Sulz am Neckar und studiert ebenfalls Lehramt. Der 22-Jährige wohnt in einer WG und beschreibt das Verhältnis zu seinen Vermietern als „entspannt“. Von der Wohnheim-Klage in Ravensburg hält er nichts. „Die basiert doch rein auf Vorurteilen“, meint Jonathan Hohlock. Sein Kommilitone Alexander aus Neu-Ulm ergänzt: „Für ein heterogenes Stadtbild muss man eben auch ein Studentenwohnheim in Kauf nehmen. Die Klage ist extrem von Klischees beeinflusst. Dabei kann man Regeln festlegen – etwa, dass ab 22 Uhr Ruhe sein muss.“
Um Problemen vorzubeugen, gilt bei dem Studierendenwerk Seezeit eine Hausordnung. Die Institution mit Sitz in Konstanz betreibt unter anderem Häuser in Weingartshof, der Tettnanger Straße in Ravensburg und der Lazarettstraße in Weingarten und sieht eine ihrer Kernaufgaben darin, „bezahlbaren, hochschulnahen Wohnraum zur Verfügung zu stellen“.
Die Sprecherin des Studierendenwerks, Elke Vetter, teilt mit: „Wo Studierende in einer Wohnanlage zusammen wohnen, da geht es durchaus mal etwas lebhafter zu.“Deswegen seien sie aber per se keine „schlimmen Nachbarn“. „Die gibt es sicherlich in jeder Bevölkerungsgruppe und die Wahrnehmung ist diesbezüglich sehr unterschiedlich und vor allem subjektiv“, so Vetter.
„Wo Studierende in einer Wohnanlage zusammen wohnen, da geht es durchaus mal etwas lebhafter zu.“Elke Vetter, Sprecherin des Studierendenwerks,