Wo die Wissbegierde an Grenzen stößt
Vermieter stellen bis zum Vertragsabschluss viele Fragen – Was ist erlaubt und was nicht?
V ermieter suchen sorgfältig aus, wen sie in ihre Wohnung einziehen lassen. Die Wissbegierde ist groß. Manchmal zu groß, finden Datenschützer. Mietinteressenten stecken in der Klemme. Sie müssen zwar nicht alles preisgeben. Verweigern sie aber Antworten, gehen sie sehr wahrscheinlich leer aus.
Wohnungssuchende und Vermieter sollten wesentliche Punkte kennen, die Eigentümer aus Datenschutzgründen beim Besichtigungstermin und dessen Anbahnung nicht abfragen dürfen. Die einen, damit sie entscheiden können, wie sie mit der Neugier umgehen – die anderen, um das Datenschutzgesetz einzuhalten. Eine Übersicht:
Formulare:
Die Mieterselbstauskunft ist das gängigste Instrument, etwas über Wohnungsinteressenten herauszubekommen. Makler, Wohnungsgesellschaften und private Vermieter nutzen hier meist Formulare. Diese werden vor oder während der Besichtigung verteilt.
Erwarten Eigentümer sofort Antworten, sind sie zu früh dran, meinen Datenschützer wie Thomas Kranig. Der Präsident des bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht in Ansbach sagt: „Das Ausfüllen ist erst dann erforderlich, wenn jemand nach der Besichtigung ernsthaftes Interesse am Objekt hat.“
Geld und Vermögen:
Die Finanzkraft des Bewerbers ist für Vermieter meistens das Argument, das über Hopp oder Top entscheidet. Oft erkundigen sie sich bereits bei der Vereinbarung des Besichtigungstermins nach der Bonität. „Unzulässig“, sagt Kranig. Er verweist auf den im Datenschutzgesetz verankerten Grundsatz, wonach nur erlaubt ist, was erforderlich ist. Und das sei das Verlangen einer wirtschaftlichen Selbstauskunft „zum Zeitpunkt der reinen Bewerbungsphase nicht“. Vorab und damit auf Vorrat von sämtlichen Interessenten umfangreiche Angaben zur wirtschaftlichen Lage abzufordern, hält die Berliner Datenschutzbehörde für rechtswidrig, wie sie in einem Ratgeber zur Privatsphäre von Mietern schreibt.
Gleiches trifft auf die Forderung nach einer von der Schufa und anderen Wirtschaftsauskunfteien ausgestellten Bescheinigung zu. Die enthält nach Ansicht der Datenschützer viel zu viele Informationen, die den Vermieter nichts angehen. Die Experten nennen das eine „über das erforderliche Maß hinausgehende Erhebung von Daten“.
Die Praxis sieht ganz anders aus. „Die Interessenten, die in der Schlange stehen, haben die Auskunft dabei und drücken sie dem Vermieter einfach in die Hand, sonst bekommen sie die Wohnung nicht“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
Wer ist wer?:
Natürlich sind die Personalien des Interessenten wichtig. Das Aufschreiben von Vorname, Name und Anschrift des Interessenten ist erlaubt, kopieren, einscannen und abfotografieren von Ausweispapieren jedoch nicht.
Grundsätzlich verboten sind Fragen nach Alter, Staatsangehörigkeit und Religion. Wer das wissen will, kommt schnell mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) in Konflikt. Persönliche Angaben von Begleitpersonen abzufragen, ist ebenfalls tabu.
Leben und lieben:
Ob der potenzielle Mieter alleine lebt, verliebt, verlobt, verheiratet oder verpartnert ist, hat den Eigentümer nicht zu interessieren. Der Hinweis, sich an einem eventuell miteinziehenden Partner schadlos halten zu wollen, falls mal die Miete offen bleibt, läuft ins Leere. Gemeinsam Einziehende müssten nicht zwangsläufig auch den Mietvertrag gemeinsam schließen. Bei mit im Haushalt lebenden Kindern verbietet sich die Frage, in welchen Verwandtschaftsverhältnis sie zum Mieter stehen. Zur geschützten Privatsphäre zählt auch die Familienplanung wie Kinderwunsch, Schwangerschaft, Heirat, Scheidung.
Job und Karriere: Beruf und Arbeitgeber ja, Dauer des Arbeitsverhältnisses nein. Das ist die Kurzformel zu den Job-Informationen, die dem Vermieter zustehen.
Warum Verrmieter ihre Neugier diesbezüglich zügeln müssen, begründen die im Düsseldorfer Kreis zusammengeschlossenen Datenschutzbehörden von Bund und Ländern folgendermaßen: „In einer mobilen Gesellschaft bietet die Dauer einer Beschäftigung keine Gewissheit über die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses.“Der Eigentümer kann folglich aus der Angabe keine Garantie ableiten, dass der Mieter solvent und solide ist.
Freizeit und Vergnügen: Was der Mieter in seiner freien Zeit treibt, geht den Wohnungsbesitzer nichts an. Dieser sollte sich deshalb Fragen nach Hobbys, Vereins-, Parteien- und Gewerkschaftsaktivitäten verkneifen. An die Infos kann er dennoch kommen. Und zwar ganz regulär: „Wenn der Bewerber freiwillig erzählt, muss der Vermieter nicht weghören“, sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. In sozialen Netzwerken zu recherchieren ist ebenfalls in Ordnung. „Das sind öffentliche Daten“, sagt Storm. Dichtung und Wahrheit: Bei unzulässigen Fragen dürfen Wohnungssuchende schummeln. Falls das nach Abschluss des Mietvertrags rauskommt, hat der Vermieter keine Handhabe für einen Rausschmiss. „Eine falsche Auskunft ist normalerweise kein Kündigungsgrund“, erläutert Storm. Einen Prozess würde der Eigentümer vermutlich verlieren, weil ja seine Fragen schon nicht erlaubt waren.
Damit hat er sich rechtlich selbst angreifbar gemacht. Lediglich zwei Punkte müssen potenzielle Mieter ehrlich beantworten. Ulrich Ropertz: „Der erste lautet: Kannst du die Wohnung bezahlen? Der zweite heißt: Wer zieht ein: Du allein oder eine zwölfköpfige Familie?“. Wer bei diesen Punkten lügt, riskiert rauszufliegen. (dpa)