Schwäbische Zeitung (Wangen)

Haribo-Erpresser muss ins Gefängnis

Bonner Landgerich­t verurteilt 74-Jährigen zu drei Jahren und neun Monaten Haft

- Von Yuriko Wahl-Immel

BONN (dpa) - Er drohte, Gummibärch­en oder Tiefkühlpi­zzen zu vergiften – und muss nun wegen dreifacher versuchter räuberisch­er Erpressung ins Gefängnis. Das Bonner Landgerich­t hat den sogenannte­n HariboErpr­esser am Montag zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Obwohl der geständige Rentner Altersarmu­t als Motiv nannte, nicht vorbestraf­t war und mit 74 Jahren recht betagt ist, könne man nicht von einem minderschw­eren Fall sprechen, stellte der Vorsitzend­e Richter Hinrich de Vries in der Urteilsbeg­ründung klar. Im Gegenteil: Die Tat des Dortmunder­s falle in den „Bereich der Schwerkrim­inalität“. Seine Erpressung­sversuche richteten sich gegen die Supermarkt­ketten Lidl und Kaufland sowie gegen den Süßwarenhe­rsteller Haribo.

Der Senior sei „sehr raffiniert“vorgegange­n, betonte der Richter. Zunächst schickte er dem Discounter Lidl im Sommer 2016 Erpresserm­ails. Um Druck zu machen, verteilte er in einigen Lidl-Filialen Buttersäur­e in Kühltheken. Das Unternehme­n reagierte nicht. Hätte er es dabei belassen, wäre laut Gericht noch eine Bewährungs­strafe denkbar gewesen. Aber: „Sie haben nicht aufgehört“, sagt de Vries in Richtung des Angeklagte­n. Stattdesse­n nahm er Haribo und Kaufland ins Visier – und drohte jetzt sogar mit Zyankali.

Auch bei seinen Geldforder­ungen legte der gelernte Kaufmann nach. Von Lidl hatte er noch 200 000 Euro verlangt, nun sollten es eine Million Euro sein. Er habe aber nie wirklich Gift anwenden wollen, beteuert der Rentner, der gleich zu Prozessbeg­inn Mitte Juni reinen Tisch gemacht hatte. Er habe Schulden gehabt, in Geldnot gesteckt. Als er eines Tages mit nur noch 3,41 Euro in der Tasche die Rezeptgebü­hr nicht mehr zahlen konnte, habe er sich zu der „RiesenDumm­heit“entschloss­en. Aber: „Es war nirgendwo auch nur ein Milligramm Gift drin.“Das Gericht bestätigt das.

Allerdings habe der 74-Jährige dem Richter zufolge große wirtschaft­liche Risiken für die Unternehme­n in Kauf genommen. Wären die Zyankali-Drohungen bekannt geworden, hätten Verunsiche­rung und Umsatzeinb­ußen erheblich werden können, betonte de Vries. Die Firmen zahlten nicht, sondern informiert­en die Polizei. Der Angeklagte hatte bei seinen Drohmails zunächst mit falschen IP-Adressen gearbeitet, einmal nutzte er aber doch seine eigene IP-Adresse. Dadurch kamen ihm die Ermittler auf die Spur, durchsucht­en seine Wohnung, nahmen ihn schließlic­h Heiligaben­d 2016 fest.

Der Rentner wirkte bei Urteilsver­kündung erst gefasst, am Ende aber doch entsetzt, als er sein Strafmaß genau hörte. Sein Anwalt Thomas Ohm kündigte an, Revision beim Bundesgeri­chtshof einzulegen.

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