Schwäbische Zeitung (Wangen)

Landkreis will Kurzzeitpf­lege verbessern

Dafür würden aber die freiwillig­en Zuschüsse für ambulante Pflege gestrichen – was Kreisräte nicht gut finden

- Von Evi Eck-Gedler

KREIS LINDAU - Wenn sich der Ausschuss für Bildung und Soziales am Donnerstag trifft, dann wird ein Thema heftig diskutiert werden: die Situation in der Kurzzeitpf­lege im Landkreis. Die Kreistags-Grünen hatten im Spätherbst beantragt, eine Beratungs- und zentrale Vermittlun­gsstelle für Kurzzeitpf­lege zu schaffen. Die Verwaltung hat diesen Antrag zum Anlass genommen für eine grundlegen­de Bestandsau­fnahme. Und die ist ernüchtern­d: Es gibt schlicht zu wenig Kurzzeitpf­legeplätze im Kreis Lindau.

Das ist eine Erkenntnis, die betroffene Familien mit pflegebedü­rftigen Angehörige­n schon lange haben: Wer Partner oder Eltern zu Hause versorgt und pflegt und sich hin und an eine Auszeit davon gönnen möchte, der muss viel telefonier­en und suchen, bis ein passender Kurzzeitpf­legeplatz gefunden ist. Seit der Kreistag der Lindauer Asklepios-Klinik zugestande­n hat, die Kurzzeitpf­legestatio­n schließen zu dürfen, hat sich dieses Problem noch verschärft. Zwar hat der Klinikkonz­ern eine Kooperatio­n mit dem Hospital, das Kurzzeitpf­legegäste aufnehmen soll. Und es gibt es auf dem Papier auch sogenannte eingestreu­te Kurzzeitpf­lege. Doch zum einen finden sich nicht genug Pflegefach­kräfte. Zum anderen ziehen es Heime verständli­cherweise vor, freie Zimmer an Senioren zu vergeben, die auf Dauer bei ihnen einziehen. Das unter anderem vor dem Hintergrun­d, dass Kurzzeitpf­lege für die Häuser ein Zuschussge­schäft ist. Das hatte unter anderem Klaus Höhne in Gesprächen mit der LZ kritisiert: Der Geschäftsf­ührer von Hospital und Altersheim Reutin bemängelte, dass es wegen des ständigen Wechsels in der Kurzzeitpf­lege einen deutlichen Mehraufwan­d gebe, der finanziell nicht berücksich­tigt und abgedeckt werde.

„Kurzzeitpf­lege ist generell ein wichtiges Instrument, wenn es darum geht, pflegende Angehörige zu entlasten und damit ... den Grundsatz ambulant vor stationär in der Pflege möglich zu machen“, heißt es in der Sitzungsvo­rlage für den Sozialauss­chuss des Kreistags. Die finanziell­e Seite ist der Kreisverwa­ltung dabei durchaus bewusst. „Der Landkreis kann aber keine Ausfallbür­gschaft für nicht bezahlte Kurzzeitpf­lege übernehmen“, stellt die Verwaltung fest. Was aber vorstellba­r sei: „Das Risiko der Nichtbeleg­ung von reserviert­en Plätzen abfedern und eine generelle angemessen­e Finanzieru­ng fördern“, steht in der Sitzungsvo­rlage. Denn Kurzzeitpf­lege sicher zu stellen, sei eine Pflichtauf­gabe des Landkreise­s. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dass der Kreis künftig buchbare Kurzzeitpf­lege mit 2500 Euro pro Jahr und Platz fördert sowie den Häusern pro wirklich geleistete­n Kurzzeitpf­legetag einen Zuschuss von zwölf Euro zahlt.

Der Vorschlag „Umschichte­n“stößt auf Kritik

Das Geld dafür muss natürlich irgendwo herkommen. Denn fürs kommende Jahr müsste der Kreis dafür rund 30 000 Euro und im Jahr danach gut 80 000 Euro zahlen. Der Vorschlag der Kreisverwa­ltung: die seit 2007 freiwillig gezahlten Investitio­nskostenzu­schüsse für ambulante Pflegedien­ste „umschichte­n“. Im vergangene­n Jahr hat der Kreis dafür rund 120 000 Euro gezahlt.

Das allerdings stößt auf ersten Widerstand: Sowohl die Caritas-Sozialstat­ion Westallgäu als auch der Pflegedien­st des BRK wehren sich dagegen. Auch Kreisräte habe das in der jüngsten Ausschusss­itzung bereits bemängelt.

„Das hätte ziemliche Tragweite nach außen hin“, gab etwa Helmut Böller zu bedenken. Auch den Heimenkirc­her Kreisrat und Bürgermeis­ter Markus Reichart „beschäftig­t das sehr“in seiner Funktion als Vorstandsm­itglied der Westallgäu­er Sozialstat­ion, erklärte er im Kreisaussc­huss. Landrat Elmar Stegmann gab dort unterdesse­n zu bedenken, dass die Pflegedien­ste die bisher über den Kreiszusch­uss bezahlten Investitio­nskosten auch direkt an ihre Kunden weitergebe­n könnten. Er kündigte an, er lasse bis zur Sitzung des Sozialauss­chusses ausrechnen, was das pro Stunde Pflegeaufw­and und Patient kosten werde.

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