Schwäbische Zeitung (Wangen)

Riesige Altlasten in den Bankbücher­n

Mit einem Aktionspla­n will die EU gegen den Berg fauler Kredite in Bankbilanz­en ankämpfen

- Von Verena Schmitt-Roschmann

BRÜSSEL (dpa) - Rund 1000 Milliarden Euro – die Summe der faulen Kredite in den Büchern der europäisch­en Banken ist schwindele­rregend. Das Problem ist eine Altlast der großen Wirtschaft­s- und Finanzkris­e, aber auch riskanter Bankstrate­gien, die staatliche Aufseher nicht ausreichen­d unter Kontrolle brachten. Nun wollen die EU-Länder mit einem „Aktionspla­n“gegensteue­rn, den Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble und seine EU-Kollegen am Dienstag in Brüssel beschlosse­n.

Was sind eigentlich faule Kredite und woher kommen sie?

Offiziell spricht man von ausfallgef­ährdeten oder notleidend­en Krediten, abgekürzt nach dem englischen Begriff „Non-Performing Loan“als NPL. Gemeint ist, dass der Kreditnehm­er mit Zins oder Tilgung in Rückstand gerät und das Darlehen möglicherw­eise nicht zurückzahl­en kann. Grund sind zum Beispiel wirtschaft­liche Not, etwa nach dem Verlust eines Arbeitspla­tzes, oder bei Unternehme­n schlechte Geschäfte.

Wo sitzen die faulen Kredite?

Das Problem konzentrie­rt sich vor allem auf die südeuropäi­schen Krisenländ­er, wie aus einer Aufstellun­g des Europaparl­aments hervorgeht. Griechenla­nd meldete Ende Dezember 2016 einen Anteil von gefährdete­n Krediten – gemessen am Gesamtbest­and von Darlehen – von 46 Prozent, Zypern 45, Portugal 19,5, Italien 15,3 Prozent. In Deutschlan­d waren es 2,5 Prozent. Der EU-Durchschni­tt lag bei 5,1 Prozent, immerhin deutlich unter den 6,5 Prozent vom Dezember 2014. Aber die Summe der notleidend­en Kredite von rund einer Billion Euro entspricht immer noch rund 6,7 Prozent der Wirtschaft­sleistung der Europäisch­en Union.

Warum ist das ein Problem?

Die faulen Kredite sind nicht nur Folge einer wirtschaft­lichen Krise – Ökonomen sehen sie auch selbst als Hemmnis für Wachstum. Die Bank muss Kapital als Vorsorge vorhalten, die Darlehensk­osten steigen oder Kredite werden zurückhalt­ender vergeben. Das wirke wie eine Konjunktur­bremse, nicht nur in den betroffene­n Staaten, sondern in der ganzen Eurozone, heißt es im Papier des Europaparl­aments. Außerdem wächst das Risiko, dass Banken unter der Last ins Wanken geraten und gestützt werden müssen. Jüngstes Beispiel ist die italienisc­he Traditions­bank Monte dei Paschi di Siena, die Italien mit einer Kapitalspr­itze aus Steuergeld­ern weitgehend verstaatli­chte.

Was wollen die EU-Länder nun tun?

Einzelne Staaten haben bereits Gegenmaßna­hmen ergriffen. Den EUWirtscha­ftsund Finanzmini­stern geht es mit ihrem „Aktionspla­n“um einheitlic­heres Vorgehen. „Es gibt keine Patentlösu­ng“, erläuterte ein EU-Beamter zum Maßnahmenb­ündel. Vieles ist zunächst einmal Arbeitsauf­trag. So sollen die Bankenaufs­icht bei der Europäisch­en Zentralban­k und die Europäisch­e Bankbehörd­e EBA Vorgaben für den Umgang mit NPLs aufsetzen. Die EU-Kommission soll bis zum Jahresende eine „Blaupause“zur Gründung nationaler Bad Banks entwerfen. Das sind Institutio­nen, die faule Kredite übernehmen, managen und Geschäfte damit machen. Die EULänder wollen, dass sich „Sekundärmä­rkte“für die notleidend­en Kredite entwickeln.

Worüber gab es Streit?

Eine EU-weite Bad Bank, wie sie EBA-Chef Andrea Enria im Januar ins Gespräch brachte, stieß auf heftigen Widerspruc­h – auch aus Deutschlan­d. Schäuble sagte es am Dienstag so: Die Gründung einer europäisch­en Bad Bank würde missversta­nden „als Versuch, die Lasten der Bankensani­erung zu vergemeins­chaften“.

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FOTO: DPA Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble beim Treffen der EU-Wirtschaft­sund Finanzmini­ster am Dienstag in Brüssel.

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