Schwäbische Zeitung (Wangen)

Forscher warnen: Eine Million Schüler mehr als gedacht

Studie prognostiz­iert einen Boom für die kommenden Jahre – Kultusmini­ster gelassen

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - In Deutschlan­d werden im Jahr 2025 über eine Million Schüler mehr den Unterricht besuchen als bislang gedacht. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der Bertelsman­n Stiftung, die am Mittwoch in Gütersloh vorgestell­t wurde. Die Bertelsman­n-Forscher gehen für 2025 von 8,3 Millionen Schülern aus, gut 300 000 mehr als 2015. Die offizielle Prognose der Kultusmini­sterkonfer­enz, die auf Daten aus dem Jahr 2012 basiert, erwartete für 2025 hingegen nur noch 7,2 Millionen Schüler.

„Mit diesem Schüler-Boom hat kaum jemand gerechnet“, erklärte der Vorstand der Bertelsman­n Stiftung, Jörg Dräger, angesichts der neuen Zahlen. „Jetzt besteht enormer Handlungsd­ruck. Viele Bundesländ­er müssen komplett umdenken.“Gründe für die neue Entwicklun­g seien zum einen mehrere geburtenst­arke Jahrgänge in Folge, zum anderen die hohe Zahl an Flüchtling­en und Zuwanderer­n im schulpflic­htigen Alter in den vergangene­n Jahren. Dräger warnte vor einem „dramatisch­en Engpass“an Lehrern und Gebäuden. Auf die Bundesländ­er kämen erhebliche Investitio­nen zu, weil Zehntausen­de Lehrer und Klassenräu­me fehlen.

Die Kultusmini­sterien der Länder zeichnen die Lage weniger dramatisch. Die Länder würden regelmäßig eigene Daten erheben, teilte ein Sprecher der Kultusmini­sterkonfer­enz mit, deren Vorsitz die badenwürtt­embergisch­e Ressortlei­terin Susanne Eisenmann (CDU) innehat. Diese Daten seien auch die Grundlage für Lehrereins­tellungen und Investitio­nen. Die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) veröffentl­icht derzeit keine eigenen Prognosen, weil sie diese angesichts der hohen Zahl an Zuwanderer­n als unzuverläs­sig betrachtet. Eine neue Vorausbere­chnung der Schülerzah­len bis 2030 sei aber für das kommende Jahr geplant, sagte ein KMK-Sprecher.

Aus dem Haus des bayerische­n Kultusmini­sters Ludwig Spaenle (CSU) hieß es, der Trend zu mehr Schülern sei „nicht gänzlich neu“. Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin von Ministerin Eisenmann in Stuttgart. Die CDU-Politikeri­n kämpft bei den anstehende­n Beratungen zum Doppelhaus­halt 2018/ 2019 darum, dass 640 Lehrerstel­len, die eigentlich gestrichen werden sollten, nun doch erhalten bleiben.

Vertreter mehrerer Lehrerverb­ände erneuerten angesichts der Bertelsman­n-Studie ihre Warnung vor einem gravierend­en Lehrermang­el.

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