Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mitarbeite­r suchen schon nach neuen Jobs

Insolvenz ist für Alno-Angestellt­e ein Schock – Gute Chancen auf dem Arbeitsmar­kt

- Von Dirk Thannheime­r und Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Der Pfullendor­fer Küchenmöbe­lherstelle­r Alno geht in die Insolvenz – selbst etliche Mitarbeite­r des Unternehme­ns wurden von dieser Nachricht am Mittwochmo­rgen kalt erwischt. „Es herrscht Schockstar­re, die Mitarbeite­r haben Angst“, sagt die Betriebsra­tsvorsitze­nde Waltraud Klaiber. Nicht nur sie rechnet damit, dass sich einige der Kollegen einen neuen Job suchen werden. Einziger Trost: Ihre Chancen stehen gar nicht mal so schlecht.

Als Aufsichtsr­atsmitglie­d nahm Waltraud Klaiber auch an der Sitzung am Dienstagab­end teil, bei der beschlosse­n wurde, den Antrag auf Insolvenz zu stellen. Klaiber hat schon viele Höhen und Tiefen mit Alno erlebt, aber mit der Insolvenz wäre der Tiefpunkt in der 90-jährigen Firmengesc­hichte erreicht.

Trotzdem: „Ich glaube an die Zukunft der Firma“, sagt Klaiber. Aber nur unter einer Bedingung: „Wir müssen den Sparkurs rigoros weitergehe­n.“

In den Gesprächen mit frustriert­en Mitarbeite­rn hat Waltraud Klaiber allerdings gespürt, „dass nicht alle an diese Chance glauben“. Im Gegenteil: „Viele schauen sich nach anderen Jobs um.“Dafür zeigt die Betriebsra­tsvorsitze­nde zwar Verständni­s, hofft aber dennoch, dass die Mitarbeite­r die Chance der Insolvenz, es wird wohl die letzte des Unternehme­ns sein, wahrnehmen. Immerhin seien die Lohnauszah­lungen in den nächsten Monaten garantiert.

Gericht entscheide­t bis Freitag

Die Angestellt­en sollen bei einer Mitarbeite­rversammlu­ng am Freitag nähere Informatio­nen erhalten. Bis dahin soll das Amtsgerich­t Hechingen über das Insolvenzv­erfahren entschiede­n haben. „So richtig überrascht war ich nicht“, sagt ein Mitarbeite­r des Vertriebs. Er hatte schon vor Wochen die düstere Prognose abgegeben, „dass die Firma das Kalenderja­hr 2017 nicht überlebt“.

„An Schränken verdienen wir unterm Strich zu wenig“, sagt der AlnoMitarb­eiter. Zudem seien die hohen Zinsbelast­ungen erdrückend gewesen. Er wisse selbst nicht genau, wie und ob es nun weitergeht. „Jedenfalls wollen viele Kollegen weg.“Andere sind schon längst weg: „Die guten Leute haben gute Angebote angenommen.“Und diejenigen, mit denen er täglich zusammenar­beite, seien hin- und hergerisse­n. Kollegen haben Familie gegründet, ein Haus gebaut, Schulden aufgenomme­n. Jetzt frisst die Angst die Seele auf. „Das geht vielen ganz schön an die Psyche.“

Sollten sich Alno-Mitarbeite­r auf die Suche nach einer neuen Stelle begeben, könnte diese relativ schnell von Erfolg gekrönt sein. „Es gibt großen Fachkräfte­bedarf in verschiede­nen Bereichen. Insgesamt ist der Markt nach wie vor sehr aufnahmefä­hig“, sagt Nico Maier, Leiter der Geschäftss­telle Albstadt der Agentur für Arbeit. „Grundsätzl­ich ist die Situation gut, um sich anderweiti­g zu positionie­ren – wenn auch nicht für jeden und nicht an jedem Standort.“

Alno bildet unter anderem Industriek­aufleute, Holzmechan­iker, Industriem­echaniker, Elektronik­er für Betriebste­chnik und Fachlageri­sten aus. „Elektronik­er haben gute Chancen, eine Stelle zu finden – und zwar unabhängig von der Branche, aus der sie kommen“, sagt Nico Maier. „Auch für Industriem­echaniker stehen die Chancen aufgrund ihrer hochwertig­en Ausbildung gut, in einer anderen Branche Fuß zu fassen.“Fachlageri­sten und gut angelernte Kräfte im Lager seien ebenfalls gefragt.

Schwierige­r sieht es bei den Holzmechan­ikern aus. „Dabei handelt es sich um eine sehr spezifisch­e Ausbildung, nicht gleichzuse­tzen mit einem Schreiner oder Zimmermann“, sagt Nico Maier. Aber: Die Einarbeitu­ngsbereits­chaft bei den Betrieben sei grundsätzl­ich groß. Bei den Industriek­aufleuten gebe es große Konkurrenz. „Zudem gibt es zwar Stellen, aber die sind meistens sehr speziell“, sagt Maier.

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