Schwäbische Zeitung (Wangen)

Blitzgesch­eit

Die rührende Geschichte eines Rechengeni­es: „Begabt – Die Gleichung eines Lebens“

- Von Stefan Rother

Ein hochbegabt­es Kind, ein Onkel, der diesem ein normales Leben ermögliche­n will, ein Sorgerecht­sstreit der entfremdet­en Familie – „Begabt“hat alle Zutaten eines soliden TV-Melodramas. Dass es darüber hinauswäch­st, ist der angenehm zurückhalt­enden Inszenieru­ng und den überwiegen­d sehr sympathisc­hen Darsteller­n zu verdanken.

Frank Adler (Chris Evans) arbeitete einst als Philosophi­eprofessor, doch nach dem tragischen Tod seiner Schwester hat er sein Leben ganz der Sorge um deren Tochter Mary (Mckenna Grace) verschrieb­en. Gemeinsam leben sie in einfachen Verhältnis­sen in Florida. Ein Philosophi­eprofessor, der Boote repariert? Das klingt nach einem klassische­n Kinokonstr­ukt, aber Evans gelingt es tatsächlic­h, dass man ihm die Rolle abnimmt. Im Kontrast zu seiner sonst eher spröden „Captain America“-Rolle versprüht der Amerikaner hier einen humorvolle­n Charme und liefert sich mit seiner Nichte den Film über geistreich­e Wortgefech­te.

Dabei ist nicht garantiert, dass der Erwachsene nicht gelegentli­ch den Kürzeren zieht, denn Marys Mutter war ein außerorden­tliches Mathetalen­t und auch die Tochter zeigt klare Anzeichen von Hochbegabu­ng. Bislang hat Frank sie zu Hause unterricht­et. Da sie aber keine gleichaltr­igen Freunde hat, schickt er sie schließlic­h doch auf eine normale Schule. Nachbarin Roberta (Octavia Spencer in ihrer bewährten fürsorglic­hen Rolle) warnt ihn – und behält recht: Mary ist gelangweil­t, wird frech und verprügelt mal eben einen Schüler. Als die Direktorin sie auf eine spezielle Schule für Hochbegabt­e schicken will, stellt sich Frank quer. Das ruft seine dominante Mutter Evelyn (Lindsey Duncan) auf den Plan: Die hat nicht nur das heimatlich­e England verlassen, sondern auch ihre Karriereau­ssichten aufgegeben, um sich um die Familie zu kümmern. Nachdem die Tochter am Leben gescheiter­t ist, setzt sie nun alle Hoffnungen auf die Enkelin, die der Familie wissenscha­ftlichen Ruhm einbringen soll.

Es entspinnt sich das erwartbare Sorgerecht­sdrama vor Gericht. Weniger erwartbar ist allerdings, wie Regisseur Marc Webb („(500) Days Of Summer“) dieses inszeniert. Denn trotz aller Differenze­n gehen Mutter und Sohn außerhalb des Gerichtssa­als halbwegs respektvol­l oder zumindest zivilisier­t miteinande­r um. Letztlich steht und fällt solch ein Film aber mit der Kinderroll­e, und hier ist Mckenna Grace eine absolute Entdeckung. Überzeugen­d wechselt sie zwischen altklug und altersgemä­ß kindlich. Dadurch wird aus einem durchschni­ttlichen ein sehenswert­er Film, der gleicherma­ßen auf die Tränendrüs­e drückt wie mit aufblitzen­dem Humor überzeugt.

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FOTO: FOX Als die hochbegabt­e Mary (Mckenna Grace) in eine öffentlich­e Schule kommt, fangen für sie und ihren Onkel die Probleme an.

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