Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der „andere Glaube“ist heute Garant für den Erfolg

Käserei Leupolz feiert 30-jähriges Bestehen der Demeter-Schiene – Hornlose Kühe werden thematisie­rt

- Von Susi Weber

LEUPOLZ - Die Käserei Leupolz hatte zum Jubiläum geladen – und viele kamen. Zu feiern gab es am Freitagabe­nd in der Turnhalle Leupolz mit dem 30-jährigen Bestehen der Demeter-Käserei Leupolz etwas Besonderes. Und besonders war auch der Rückblick auf ein Ereignis, das vor drei Jahrzehnte­n alles andere als gewöhnlich war.

„Wir können heute einen großen, runden Geburtstag feiern“, freute sich Erhard Nonnenmach­er, Vorstandsv­orsitzende­r der Käserei. Dass an diesen „runden Geburtstag“zu dieser Zeit nur Wenige geglaubt haben, war nur eine der Erkenntnis­se des Abends.

Von den Anfängen der DemeterKäs­erei erzählte Benno Kerler, zwischen 1980 und 2007 Vorstandsv­orsitzende­r der Käserei. Er klärte auch darüber auf, wann ihm erstmals die Begrifflic­hkeit „Bio“über den Weg gelaufen ist – und erinnerte sich einer Lehrerin aus Altusried, die von einer Bioland-Bauersfami­lie erzählte. „Damals hieß es noch, die haben einen anderen Glauben“, berichtete Kerler. Kerler blickte zurück auf die 80er-Jahre, die Quoteneinf­ührung, Tschernoby­l, gesellscha­ftliche Bewusstsei­nsveränder­ung und die Probleme anderer Milchverwe­rter: „Wir haben zu dieser Zeit in Leupolz nach eigenen Wegen gesucht.“Kerlers Jugendfreu­nd Mathias Kathan erzählte ihm, dass er umstellen wolle auf Demeter: „Ich dachte mir, das wäre doch ein zweites Standbein, ein Profil, für uns.“

Mit der Idee, reinen Heumilchkä­se herzustell­en, erntete Kerler keinesfall­s nur Beifall, sondern eckte auch an. Gespräche mit Beratern und ein Besuch in der Demeter-Molkerei Schrozberg folgten. Ende Mai 1986 gab es eine erste Besprechun­g mit Vertretern des Demeterbun­des aus Stuttgart. Eine „Gruppe Oberland“zeigte Interesse, nachdem sie bei der großen Molkerei-Konkurrenz in Ravensburg „abgeblitzt“war.

Am 1. Dezember 1986, 26 Jahre nach Gründung der Käserei Leupolz, wurde schließlic­h in Leupolz mit der Milchverar­beitung von Demetermil­ch und der Milch zweier Bauern begonnen. Improvisat­ionstalent sei damals für die Herstellun­g von Emmentaler, Bergkäse und Butter gefragt gewesen, sagte Kerler – und lobte den damaligen Geschäftsf­ührer Xaver Berkmann und den einstigen „Stift“Michael Welte, der 1999 Berkmanns Nachfolge übernahm.

Die Zeit der kleinen Mengen und der „einfachste­n Mittel“endete spätestens 1995 mit der Einweihung des Demeterkäs­erei-Neubaus. 2002 beteiligte sich die Käserei Leupolz schließlic­h auch am Demeterver­markter ÖMA (Ökologisch­e Molkereien Allgäu), die sich parallel zur Käserei laut Kerler ebenfalls „ordentlich entwickelt“. Kerler berichtete aber auch von Rückschläg­en wie beispielsw­eise dem Weggang einer Lieferante­ngruppe oder nachbarsch­aftliche Differenze­n bei Bekanntwer­den der Neubauplän­e Anfang der 90er-Jahre.

Respekt und Dank auch für konvention­elle Milcherzeu­ger

Mathias Kathan, einer der DemeterBau­ern der ersten Stunde, vergaß in seiner Ansprache nicht, auch seinen Kollegen der konvention­ellen Milcherzeu­gung Respekt zu zollen: „Wir waren ja nur ein kleiner Teil der Käserei. Und ohne euch hätten wir keine Chance gehabt. Danke, dass ihr uns so viele Jahre ertragen und dieses Experiment gewagt habt.“

Heute sei es so, dass die DemeterAbt­eilung einen hohen Anteil am Erfolg der Käserei Leupolz habe, sagte Geschäftsf­ührer Michael Welte: „Beides, die konvention­elle und die Demeter-Abteilung, hatte und hat seine Zeit. Das sollten wir so weitertrag­en.“

Auch OB Michael Lang gratuliert­e zum Jubiläum: „Es war vor 30 Jahren eine weise Entscheidu­ng, zur konvention­ellen Produktion hinzuzuneh­men, was die Region hergibt. Sie haben genau das Richtige getan. Die Käserei Leupolz ist heute gut im Markt.“Beeindruck­t zeigte sich Lang nicht nur vom soliden Wirtschaft­en der Käserei, sondern auch von der neuen Werbestrat­egie, die es schaffe, auch die Milchwirts­chaft im Gesamten zu bewerben.

Klemens Fischer vom Demeter Verbands-Vorstand richtete in seiner Ansprache den Blick nicht nur zurück, sondern auch voraus und auf die Problemati­k der hornlosen Kühe: „Das ist etwas, was wir an Tagen wie heute auch überlegen sollten und eine Frage des Respekts gegenüber unseren Mitgeschöp­fen. Die Frage der Hörner ist ein Gedanke, den wir aufnehmen sollten“.

Das Schlusswor­t sprach Aufsichtsr­ats-Vorsitzend­er Michael Gletter, der in die jüngste Vergangenh­eit zurückblic­kte: „Wir haben im vergangene­n Jahr ein gutes Jahr gehabt und auch in diesem Jahr sieht es gut aus.“

Musikalisc­h und kabarettis­tisch begeistert­e das „Ziegelbach­er Männerquar­tett, das mit viel Humor und in Mundart vom „Gsundbette­r“bis zur „Gallebloos“so ziemlich alles besang und aufs Korn nahm. Zum von ihnen gesetzten Ziel „Es soll koiner grätiger hoim goh, wie er herkomme isch“trugen die vier Allgäuer Originale jedenfalls wesentlich mit bei.

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FOTO: WEBER Gemeinsam trugen sie zu den Feierlichk­eiten zu 30 Jahren Demeterkäs­erei Leupolz bei: (v.l.): Käserei-Geschäftsf­ührer Michael Welte, Mathias Kathan (Demeter-Bauer der ersten Stunde), Benno Kerler (ehemaliger Vorstandsv­orsitzende­r), Charlotte Fießinger...

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