Bis zu dreifach höhere Überlebenschance
Notarzt lehrt und demonstriert Herz-Lungen-Wiederbelebung für Laien in Isny
ISNY - In der Regel am ersten Montag in jedem Quartal des Jahres erklärt und demonstriert der leitende Notarzt des Landkreises, der Isnyer Wolfgang Dieing, in der Schwabenlandklinik in Neutrauchburg die Herz-Lungen-WiederbelebungsDruckmassage für Laien. Die Termine werden jeweils in der Presse angekündigt. Bei der jüngsten Einführung in die lebensrettende Maßnahme war ein Betroffener dabei aus der Umgebung von Isny, dem ein Nachbar durch die von Dieing gelehrte Druck-Reanimation das Leben gerettet hat, sodass er sich trotz schwerem Herzinfarkt auf dem Weg der Besserung befindet – und der vor allem trotz Herzstillstand keine Schädigung des Gehirns davongetragen hat.
Dieing erklärte im voll besetzten Vortragssaal der Rehaklinik, dass er gerade von einer Weltkonferenz der Anästhesisten und Notärzte in Kanada komme und dort bestätigt bekommen habe, dass ernst zu nehmende Notfallmedizin keine Mundzu-Mund-Beatmung mehr lehrt, sondern nur noch tatkräftige HerzLungen-Druckmassage. „Auch der letzte Rotkreuzler und Mediziner hat begriffen, dass die verbrauchte Luft eines angeblichen ,Lebensretters’ durch Mund-zu-Mund-Beatmung dem Patienten rein gar nichts hilft. Das kann man vergessen“, sagte Dieing. Ausgeatmete Luft habe nur noch 14 Prozent Sauerstoffanteil, nötig wäre aber ein Sauerstoffanteil von mindestens 19 Prozent.
„Eine Packung Zigaretten pro Tag ist richtig tödlich. Ein Autounfall mit 70 Stundenkilometern gegen eine Wand, gegen einen Baum oder ein Frontalzusammenstoß ist richtig tödlich“, führte Dieing weiter aus, ein schweres Gewitter oder ein Lebensmittel mit abgelaufenem Datum erzeuge vielleicht Ängste, stelle aber keine Lebensgefahr dar. Ein Herzinfarkt müsse dank Druckmassage auch nicht tödlich sein, zog Dieing weitere Vergleiche.
Denn ein plötzlicher Herzstillstand könne jeden treffen. „Der Betroffene wird sofort bewusstlos, atmet nicht mehr normal oder gar nicht mehr. Das Gesicht verfärbt sich dann oft auch bläulich. Wird nach einem Herzstillstand nicht innerhalb von fünf Minuten eine Herzdruckmassage durchgeführt, ist ein Überleben unwahrscheinlich. Je früher Sie damit beginnen, desto besser, sofortige Herzdruckmassage – solange, bis der Notarzt eintrift – verdoppelt oder verdreifacht die Überlebens-chance“, führte Dieing außerdem aus.
Durch die Druckmassage werde der Zustand zumindest „konserviert“, eine Verschlechterung verhindert, die Sauerstoffaufnahme im Blut auf niederem Niveau aufrechterhalten, auch der Blutfluss ins Gehirn und damit die Sauerstoffversorgung.
Was ist demnach konkret zu tun, wenn der Fall eintritt, dass ein Mensch – in der Regel bewusstlos – am Boden liegt, nicht mehr oder kaum noch atmet? Sofort die Rettungsleitstelle unter der Telefonnummer 112 anrufen und den Notarzt anfordern. Dann umgehend die betroffene Person in Rückenlage auf den Boden legen – nicht ins Bett. Unter die Schulterblätter eine Decke legen, damit sich der Kopf etwas nach hinten neigt. So werden die Atemwege frei. Dann sofort mit der Druckmassage beginnen und nicht aufhören, bis der Notarzt eintrifft.
Druckmassage wird demonstriert
Dieing erklärte und demonstrierte genau, wie die Druckmassage vorzunehmen ist: „Legen sie den Ballen einer Hand auf die Mitte der Brust auf Höhe der Brustwarzen – beziehungsweise dorthin wo die Brustwarzen in jüngeren Jahren einmal waren – die andere Hand darüber und drücken sie jetzt das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter nach unten, und zwar 100 bis 120 Mal pro Minute.“Eine Druckmassage sei sehr ermüdend, richtiggehend Arbeit, sagte Dieing, und ideal wäre, wenn sich mehrere Personen dabei abwechseln könnten. Aber genau so könne 70 000 Menschen in Deutschland pro Jahr mit wiederbelebungsfähigem Herz-Kreislauf-Stillstand geholfen werden.
Dieing machte zuletzt darauf aufmerksam, dass jedes Haus eine von der Straße aus sichtbare große Hausnummer haben sollte, damit Sanitäter und Notarzt nicht unnötig lange suchen und sich durchfragen müssen.
Damit die Besucher des Vortrags die Scheu verlieren, selbst zuzupacken und im Notfall zum Lebensretter zu werden, konnten sie selbst an zwei „Puppen“Hand anlegen, die Druckmassage ausprobieren und feststellen: „Yes we can.“