Geier kreisen über den Allgäuer Alpen
Drei Arten gesichtet. Darunter ist der einst fast ausgerottete Bartgeier
OBERSTDORF (mun) - Vogelkundler sprechen von einer Sensation: Nahezu zeitgleich sind in diesem Sommer in den Allgäuer Alpen drei Geierarten gesichtet und fotografiert worden: Mönchs-, Gänse- und Bartgeier. Mit einer Spannweite von bis zu fast drei Metern ist der Bartgeier einer der größten Greifvögel Europas und mit 225 bis 250 Brutpaaren sehr selten.
Henning Werth, Betreuer des Naturschutzgebiets Allgäuer Hochalpen, dokumentiert die Sichtungen von Raubvögeln und anderen Tieren in den Allgäuer Alpen. „Wenn möglich, sollten Naturfreunde ihre Sichtungen bei Wanderungen mit einem Foto dokumentieren“, sagt der Diplom-Biologe. So könnten gesichtete Tiere registriert und individuelle Merkmale bestimmt werden. Werth vermutet, dass sich im Lechtal ein Bartgeier-Paar zusammengetan hat und sich die beiden Raubvögel in nächster Zeit häufiger auch im Allgäu zeigen könnten. Während der Gänsegeier Anfang Juli im Bereich des Giebels und des Großen Wilden südlich von Hinterstein im Oberallgäu gesichtet wurde, ist ein Mönchsgeier am Imberg gesehen und fotografiert worden. Der riesige Bartgeier drehte seine Runden über dem Schattenberg im Nebelhorngebiet bei Oberstdorf.
Dass einer der Geierarten auf Dauer in den Allgäuer Alpen ansässig ist, sei unwahrscheinlich, sagt Werth – für die Zukunft aber nicht auszuschließen. Gänzlich ausgerottet wurden die letzten Bartgeier in den Allgäuer Alpen vor mehr als 100 Jahren – wie überall im Alpenraum. Denn dem großen Greifvogel mit den roten Augenringen wurde aufgrund eines Irrglaubens nachgesagt, er würde Lämmer erlegen. Daher stammt auch der weitverbreitete Name Lämmergeier. Mitte der 1980er-Jahre wurden erste Bartgeier aus Falknereien in die Natur entlassen. Dort leben sie jetzt oberhalb der Waldgrenze und können bei günstigem Flugwetter bis zu 500 Kilometer am Tag zurücklegen. Die größte Geierart hat eine ungewöhnliche Ernährungsgewohnheit: Die Vögel können bis zu 18 Zentimeter lange und drei Zentimeter dicke Knochen von Aas unzerkleinert schlucken.