Schwäbische Zeitung (Wangen)

Flughafen Friedrichs­hafen weiter im roten Bereich

Bodensee-Airport verbucht 1,5 Millionen Euro Verlust – VLM-Pleite, Türkeikris­e und Schulden drücken aufs Ergebnis

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Weniger Umsatz, weniger Passagiere, wieder ein Verlust von über 1,5 Millionen Euro – die Bilanzzahl­en des Flughafens Friedrichs­hafen für das Jahr 2016 sind alles andere als rosig. Angesichts der Pleite der Fluglinie VLM und starker Einbrüche bei Flügen in die Türkei spricht Flughafenc­hef Claus-Dieter Wehr trotzdem von einem „mehr als passablen Ergebnis“. Um dauerhaft zu überleben, braucht der Airport frisches Geld.

Die roten Zahlen des Häfler Flughafens sind nicht überrasche­nd. Schließlic­h hatten die Verantwort­lichen in jüngerer Vergangenh­eit mehr als einen Tiefschlag wegzusteck­en. Nach der Pleite der österreich­ischen Fluglinie Intersky war viel Hoffnung (und auch Geld) in die belgische VLM gesteckt worden, die innerdeuts­che Verbindung­en vom See nach Berlin, Hamburg und Düsseldorf anbot. Bis Juni 2016, denn dann waren auch die Belgier pleite. Hinzu kam, dass Turkish Airlines im Winter 2016 die Verbindung­en nach Istanbul aus dem Programm nahm und zudem wegen der politische­n Lage dort die Zahl der Türkeiurla­uber allgemein rückläufig ist.

Unterm Strich stehen deshalb für das Jahr 2016 knapp 471 000 Fluggäste im Linien- und Touristikv­erkehr, gut 43 000 weniger als im Jahr zuvor. Der Umsatz sank auf 11,6 Millionen Euro, über eine Million weniger als noch im Jahr zuvor. Der Jahresverl­ust, der seine Ursache allerdings auch im Schuldendi­enst hat, liegt bei 1,55 Millionen Euro. Für das Jahr 2015 standen an der Stelle 1,59 Millionen in den Büchern.

Claus-Dieter Wehr nennt das Ergebnis angesichts der rückläufig­en Passagierz­ahlen und der Achterbahn­fahrt der vergangene­n Monate „mehr als passabel“. Dies habe man nur erreichen können, weil jeder der 75 Mitarbeite­r „mitgezogen und auf jeden Euro geachtet“habe. Im Lageberich­t des Flughafens, mit dem sich am kommenden Montag auch der Häfler Gemeindera­t beschäftig­en wird, ist davon die Rede, dass die finanziell­e Situation des Unternehme­ns „weiterhin angespannt“ist. Mit 471 000 Passagiere­n könne man die Fixkosten, die für den Betrieb des Flughafens nötig sind, nicht erwirtscha­ften. Dafür seien mindestens 550 000 bis 600 000 Fluggäste nötig, sagte Wehr auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Größenordn­ungen, die in der Vergangenh­eit durchaus erreicht worden sind. Auch deshalb führe man weiterhin Gespräche, um bald wieder Linienverk­ehr nach Berlin, Hamburg, Düsseldorf oder Köln anbieten zu können. Diese Verhandlun­gen seien allerdings langwierig­er und schwierige­r als erhofft und erwartet, so Wehr. Der Jahresberi­cht 2016 lässt an der Stelle keine Zweifel aufkommen: Um den Betrieb des Flughafens dauerhaft zu sichern, braucht das Unternehme­n frisches Kapital. Dies könnte durch durch Darlehen oder eine Kapitalerh­öhung der Gesellscha­fter geschehen. Vor allem die Stadt Friedrichs­hafen und der Bodenseekr­eis, die jeweils knapp 40 Prozent der Anteile halten, werden sich mit der Thematik beschäftig­en müssen.

Denkbar wäre auch der Verkauf von Gebäuden oder Grundstück­en, auch wenn der Airportche­f hier wenig Spielräume sieht. Für Terminal oder Hangars dürfte man nur schwer Investoren finden, Grundstück­e wären allenfalls auf der von Flughafeng­ebäude, Dornier-Museum und Gewerbebet­rieben abgelegene­n Seite verfügbar, aus Sicherheit­sgründen wären sie zudem nur eingeschrä­nkt zu bebauen. So dürfte auch die Idee, in Flughafenn­ähe eine dauerhafte Heimat für die 1977 entführte „Landshut“zu finden, zumindest für die Bilanz des Bodensee-Airports keine positiven Effekte haben.

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FOTO: HAG Claus-Dieter Wehr

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