Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bitte nicht verhätsche­ln

Die kleinen Chihuahuas haben eine große Persönlich­keit

- Von Maria Berentzen

DORTMUND (dpa) - Bikinis, Mäntelchen und Schühchen: Wer seinem Chihuahua etwas anziehen möchte, findet im Internet eine große Auswahl an Kleidungss­tücken in MiniHund-Größe. Der Chihuahua gilt als die kleinste Hunderasse der Welt. Aus seinem runden Kopf blicken große Augen, die ihn zusammen mit dem zierlichen Körperbau niedlich wirken lassen. Das ist aber manchmal zugleich sein größter Nachteil: „Ein Chihuahua möchte ernst genommen werden – so wie jeder andere Hund auch“, sagt Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) aus Dortmund.

Man tue einem Chihuahua keinen Gefallen, wenn man ihn mit Kleidung ausstaffie­rt, sagt der Experte. Eine Ausnahme gilt allerdings im Winter: Es gibt Chihuahuas als Kurzund als Langhaarhu­nde. „Wenn es sich um einen Kurzhaarhu­nd handelt, kann ein Wintermänt­elchen sinnvoll sein“, sagt Kopernik. Dabei solle man aber auf die Funktional­ität achten, und es im Fachhandel kaufen, rät er: Ein Chihuahua brauche keine Glitzer-Steine.

Kopernik sagt, ein Chihuahua sei zwar ein kleiner Hund, er habe aber eine große Persönlich­keit: „Ein Chihuahua unterschei­det nicht zwischen sich und einer Dogge – er betrachtet sich als gleichwert­ig.“Das sagt auch Klaus Mergel vom Verband Deutscher Kleinhunde­züchter (VK), in dem er Rassebetre­uer für Chihuahuas ist: „Der Chihuahua ist kein ängstliche­r Hund.“Er sei eher wie ein Kobold, der gerne unterwegs ist und überall mit dabei sein will. Mergel weist aber auch darauf hin, dass Chihuahuas oft personenbe­zogen sind: „Wenn man gemeinsam mit seinem Partner einen Chihuahua hält, sucht er sich meistens einen der beiden Menschen als seine Bezugspers­on aus.“

Insgesamt seien Chihuahuas pflegeleic­hte Hunde, sagt Mergel. Wichtig ist aber, sie genauso wie große Hunde zu erziehen. „Konsequenz ist ganz wichtig“, sagt der Experte, der selbst Chihuahuas züchtet. Sonst hätten die Hunde sehr schnell heraus, wo sie sich beim Halter durchsetze­n und ihre eigenen Regeln machen können.

Den Besuch einer Hundeschul­e hält Mergel für begrenzt sinnvoll. Oft böten diese zwar auch Welpenstun­den Zuchtexper­te Klaus Mergel an. „Dort sind aber häufig auch große Hunde.“Die Verletzung­sgefahr für einen kleinen Chihuahua sei relativ groß. Wer Erfahrung mit Hunden hat, könne seinen Chihuahua auch ohne Probleme in Eigenregie erziehen.

Auch Ariane Ullrich (Foto: dpa) vom Berufsverb­and der Hundeerzie­her und Verhaltens­berater (BHV) rät beim Besuch einer Hundeschul­e bei Chihuahuas eher zur Vorsicht. „Gibt es keine Kleinhund-Gruppe, dann ist Einzeltrai­ning manchmal sinnvoller“, sagt sie. Einen Hund nicht zu erziehen bedeute, ihn in Situatione­n, in denen sein Verhalten nicht erwünscht ist, einfach „wegzusteck­en“, weil er so handlich sei. „Das ist das Dilemma mancher Kleinhunde, weil sie nicht ernst genommen werden.“

Hunde, die so behandelt werden, entwickeln laut Ariane Ullrich manchmal massive Verhaltens­probleme. „Man darf nicht vergessen, dass auch Chihuahuas beißen können und dass das sehr wehtun kann“, sagt Ullrich. Gerade im Umgang mit kleinen Kindern müssten Halter deshalb mit einem unerzogene­n Chihuahua sehr aufpassen.

Aufgrund des zierlichen Körperbaus seien Chihuahuas anfällig für bestimmte Krankheite­n, sagt Ullrich. Das gelte vor allem dann, wenn bestimmte Mindeststa­ndards bei der Zucht nicht eingehalte­n werden. „Es fällt teilweise schon unter den Begriff der Qualzucht, wenn in einzelnen Zuchtlinie­n Hunde unter 500 Gramm Gewicht gezüchtet werden.“

Ein Problem bei sehr kleinen Hunden seien Augenkrank­heiten. „Durch den runden Kopf entstehen auch Atemproble­me“, erklärt die Expertin. Die spitze Schnauze verursache Probleme mit den Zähnen. „Je kleiner der Hund ist, desto anfälliger ist er auch für Erkrankung­en.“Schon ansonsten eher harmlose Durchfälle könnten den kleinen Körper schädigen.

Generell gilt bei Krankheite­n, dass Medikament­e bei Chihuahuas aufgrund ihres geringen Gewichts sehr genau dosiert werden müssen. „Sonst sind schnell Vergiftung­en möglich“, sagt Ullrich. Grundsätzl­ich seien Chihuahuas aber sehr lebhafte, lustige Hunde, die an ihre Besitzer dieselben Anforderun­gen stellen wie alle anderen Rassen: „Aufmerksam­keit, Beschäftig­ung und eine Beziehung zu jemandem.“

„Konsequenz ist ganz wichtig.“

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FOTO: DPA Chihuahuas sind gerne unterwegs und überall mit dabei – sie müssen aber ernst genommen werden.
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