Schwäbische Zeitung (Wangen)

Entwicklun­gshilfe bei den Erben Dschingis Khans

Michael Weiß ist Fußball-Nationaltr­ainer der Mongolei

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ULAN BATOR (SID) - Michael Weiß hat es nicht leicht. In dem Land, in dem Dschingis Khan als großer Nationalhe­ld gefeiert wird und Sportarten wie Ringen, Bogenschie­ßen und Pferderenn­en zu den populärste­n Sportarten zählen, fristet der Fußball ein Mauerblümc­hendasein. Trotzdem hat sich der 52-Jährige im Januar entschloss­en, wieder einmal Fußball-Entwicklun­gshilfe zu betreiben und die Nationalma­nnschaft der Mongolei zu übernehmen.

Als 198. der FIFA-Weltrangli­ste ist noch eine Menge Luft nach oben, unmittelba­r vor der Mongolei sind Fußballzwe­rge wie Sri Lanka und Osttimor platziert. Nach Stationen in Japan, China, Ruanda und den Philippine­n steht der gebürtige Dannenfels­er vor seiner größten Herausford­erung.

„Nach meinem Weggang von den Philippine­n hatte ich zwar Kontakte nach Thailand und Malaysia, aber keiner hat sich so um mich bemüht wie der mongolisch­e Fußballver­band. Im ersten Telefonat hat man sofort gemerkt, dass man mich mit aller Macht als neuen Nationaltr­ainer haben wollte – das hat mich begeistert“, sagte Weiß. Und ist jetzt mit vollem Einsatz dabei: „Egal, ob ich den FC Barcelona oder eine kleine Nationalma­nnschaft trainiere, mir geht es darum, jeden Spieler in jedem Training ein Stück besser zu machen. Dafür stehe ich auf dem Platz.“Während seiner dreijährig­en Amtszeit auf den Philippine­n entwickelt­e er aus einer am Boden liegenden Nationalma­nnschaft einen ernstzuneh­menden Gegner im asiatische­n Raum.

Die Bedingunge­n in der Mongolei sind zwar laut Weiß „semi-profession­ell“, aber man spürt die Entwicklun­g in dem Land und den Willen zur Verbesseru­ng. „Natürlich merkt man, dass wir keine Bundesliga­bedingunge­n haben. Trotzdem bemüht sich der Verband, mir alle Wünsche zu erfüllen“.

Während Weiß auf den Philippine­n das Glück hatte, europäisch­e Spieler mit philippini­schen Hintergrun­d für das Nationalte­am anzuwerben, muss er nun komplett auf einheimisc­he Akteure setzen. Ein Faktor, der aber einen Reiz für Weiß darstellt: „Der große Vorteil der Mongolen ist ihre Willensstä­rke. Sie sind vielleicht nicht die besten Techniker, aber sie gehen über ihre Schmerzgre­nze hinweg, mit dem Ziel, unbedingt gewinnen zu wollen.“Und weiter: „Ich habe schon einige Vereine und Länder trainiert, aber so wissbegier­ige Spieler wie hier habe ich bisher noch nirgendwo erlebt.“

Wichtig ist dem deutschen Fußballleh­rer, sein Wissen an die heimischen Trainer weiterzuge­ben. „Mit dem Verband ist es abgesproch­en, dass ich in der Saison vier bis sechs Workshops abhalte, damit ich einen besseren Austausch zwischen Nationalma­nnschaft und Liga hinbekomme. Es war mir auch ein großes Anliegen, in Zorigtyn Battulga (Cheftraine­r bei Erchim FC, d.Red.) einen Coach aus der Liga als Co-Trainer einzustell­en.“

Und was ist mit einer Rückkehr nach Deutschlan­d? „Mein Herzensver­ein ist und bleibt der 1.FC Kaiserslau­tern. Unter dem ehemaligen Trainer Kosta Runjaic gab es die Überlegung­en, mich als U23-Coach einzusetze­n. Momentan sind die Drähte ein wenig abgebroche­n“, sagt Weiß und fügt lächelnd hinzu: „Dennoch ist es mein Ziel, irgendwann auf den Betzenberg zurückzuke­hren – und wenn es der Job als Greenkeepe­r ist.“

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