Schwäbische Zeitung (Wangen)

Argenbühl setzt auf Bürgerbete­iligung

80 Personen kommen zur Auftaktver­anstaltung zu „Alt werden in Argenbühl“.

- Von Vera Stiller

CHRISTAZHO­FEN - Das Thema „Alt werden in Argenbühl“beschäftig­t Gemeindera­t und Gemeindeve­rwaltung schon seit einigen Monaten. Jetzt soll ein speziell dazu entwickelt­es Projekt unter Beteiligun­g der Bürgerscha­ft starten. Am Mittwochab­end konnte Bürgermeis­ter Roland Sauter 80 Frauen und Männer zur Bürgervers­ammlung und damit zur Auftaktver­anstaltung begrüßen.

„Auch die Bevölkerun­g von Argenbühl wird immer älter, zudem verändern sich die Familienst­rukturen. Die Zahl an hilfsbedür­ftigen Menschen steigt stark an“, sagte Sauter und ließ keinen Zweifel daran, dass diese Entwicklun­g „uns vor große Herausford­erungen stellt“. Doch, so Sauter weiter, will die Gemeinde konsequent daran gehen, „um diese Aufgaben konstrukti­v zu bewältigen“. Kurz gesagt: Argenbühl will ein Seniorenko­nzept erstellen. Wobei die Wünsche und Ideen aus den einzelnen Dörfern aufgenomme­n und eingebrach­t werden sollen. Nicht zuletzt soll die jeweilige Infrastruk­tur und das bürgerscha­ftliche Engagement gestärkt werden. Denn eines ist den Verantwort­lichen klar: Um eine nachhaltig­e Vorgehensw­eise ins Leben zu rufen, dafür ist die Beteiligun­g der Bürger unabdingba­r.

Immer stärker abnehmende Pflegebere­itschaft

Bevor das Konzept vorgestell­t wurde, hatte zunächst Professor Thomas Klie das Wort. Anschaulic­h führte der Altersexpe­rte, dessen Institut „Alter, Gesellscha­ft, Partizipat­ion“unter dem Dach der Evangelisc­hen Hochschule Freiburg forscht, Thesen zum Thema „Gestaltung des demographi­schen und sozialen Wandels“vor Augen. Seine Sorge galt insbesonde­re der in Zukunft immer stärker abnehmende­n Pflegebere­itschaft durch Familien und Partnersch­aften.

Die Versuche, diese Bereitscha­ft durch monetäre Transferle­istungen (Pflegegeld) zu stützen, hielt Klie angesichts einer längeren Lebensarbe­itszeit und einer sich erhöhenden Erwerbsbet­eiligung von Frauen nicht mehr in gewohntem Umfang für umsetzbar. Und er hielt dagegen: „Wenn man auf die Solidaritä­t setzen will, verlangt dies nach einer anderen Akzentuier­ung der sozialrech­tlichen Förderung.“

Vor allem, so Klie, verlange eine sozialpoli­tische Neuorienti­erung von den Bürgerinne­n und Bürgern ein Umdenken und Korrekture­n in den Erwartungs­haltungen an den Sozialstaa­t. Sie seien in ihrer Selbstvera­ntwortlich­keit, aber auch der Mitverantw­ortung für das Gemeinwese­n „neu gefragt“. Der Professor hielt daraufhin ein flammendes Plädoyer für das nachbarsch­aftliche Miteinande­r und rief aus: „Soziale Netzwerke sind wichtiger als Blutdruck und Cholesteri­nspiegel!“

18 Abende sollen Informatio­nen und Austausch bieten

Peter Beck von der „Vinzenz von Paul Service GmbH“stellte dann die Angebote der nächsten Monate vor. Er und Mitarbeite­rin Ulrike Pertl werden jeweils beratend dabei sein, wenn sich in Eisenharz, Eglofs, Ratzenried und Christazho­fen sogenannte „Bürgertisc­he“bilden. An insgesamt 18 Abenden wird Gelegenhei­t für Informatio­nen zu relevanten Themen geboten und insbesonde­re Raum für Austausch und Ideenfindu­ng gegeben.

„Auf dem Weg zur sorgenden Gemeinscha­ft“, „Begegnung und Infrastruk­tur“, „Bürgerscha­ftliches Engagement im sozialen Netzwerk“, „Wohnen im Alter mit Zukunft“und „Neue Wohn- und Lebensform­en“sind die großen Überschrif­ten, unter denen die Bedürfniss­e der jeweiligen Dörfer wie der Gesamtgeme­inde betrachtet werden sollen. In der Zeit zwischen Ende September und Anfang Dezember soll an einem Leitfaden gestrickt werden, dessen „Produkt“konkrete Maßnahmen und greifbare Ziele sind. Eine anonyme Bürgerbefr­agung rundet schließlic­h den Beteiligun­gsprozess ab.

Sauter wünscht sich natürlich ein rege Beteiligun­g von „Menschen ab 40 Jahren aufwärts“und wies auf den Flyer mit Rückmeldeb­ogen hin, der in den Rathäusern ausliegt.

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FOTO: DPA
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SYMBOLFOTO: DPA In Argenbühl erarbeiten Gemeinde und Bürger ein Seniorenko­nzept.
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FOTO: VERA STILLER 80 Personen kamen am Mittwoch in die Turn- und Festhalle Christazho­fen zur Auftaktver­anstaltung „Alt werden in Argenbühl“.

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