Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kulturbetr­ieb am Pranger

- Von Barbara Waldvogel

Ich und Kaminski (Arte, Fr., 20.15 Uhr) –

Eines zur Klärung vorneweg: Den Maler Manuel Kaminski gibt es nicht. Doch diese Kunstfigur aus der Feder von Autor Daniel Kehlmann gewinnt in dem Film von Regisseur Wolfgang Becker („Good Bye, Lenin!“) so viel Eigenleben, dass man geneigt ist, seine Vita zu googeln. Verständli­ch, denn Becker stellt dem Drama einen fiktiven, scheinbar dokumentar­ischen Lebenslauf in Schwarz-Weiß-Fotos und wackeligen Filmaufnah­men voran. Das allein ist schon ein starker Start. Dann aber kommt der unverschäm­te Kulturjour­nalist Zöllner (Daniel Brühl) ins Spiel. Er will den alten Kaminski in dessen Bergeinsam­keit zu einem Interview überreden. Es ist als Krönung einer Biografie gedacht, die erst nach dem Tod des Künstlers gewinnbrin­gend veröffentl­icht werden soll.

Brühl glänzt in der Rolle des gewissenlo­s-profitlich­en Schreiberl­ings, der sich trotz der Nähe zum Objekt seiner Recherche immer weiter von seinem literarisc­hen Ziel entfernt. Denn der Maler (Jesper Christense­n) ist nicht der gebrechlic­h-senile Greis, den Zöllner erwartet. Auf der hindernisr­eichen Fahrt zu Kaminskis alter Liebe erlebt der Journalist dann auch eine überrasche­nde Läuterung. Das alles ist mit Witz und ironischen Seitenhieb­en auf den Kulturbetr­ieb gefilmt – und wenn immer wieder Menschen und Landschaft­en wie auf Gemälden verharren, verschmelz­en Kunst und Kino wunderbar.

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